Denkanstösse

Atomausstieg nicht in Frage stellen

Christoph Kähler, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen warnt davor, den Ausstieg aus der Atomenergie in Frage zu stellen: «Die Nutzung der Atomenergie hat keine Zukunft. Sichere Atomkraftwerke gibt es ebenso wenig wie den fehlerlosen Menschen. Mit jedem Atomkraftwerk, das noch in Betrieb ist, wird uns ein Restrisiko zugemutet.» Zudem werde den nachfolgenden Generationen strahlender Müll aufgebürdet, der Tausende von Jahren sicher gelagert werden muss. Es sei völlig unklar, ob das überhaupt möglich ist. Kähler verwies auch auf die enormen Schäden durch den Uranbergbau. Gerade in Thüringen mussten durch den einstigen Uranabbau in der Region um Ronneburg mehrere Milliarden Euro für die Sanierung des Gebietes investiert werden.
Die Synode der Thüringer Landeskirche hat bereits 1994 mit einem eigenen Beschluss die Nutzung der Atomenergie als «nicht verantwortbar» bezeichnet. Vor dem Hintergrund von Reaktorkatastrophen wie dem Super-GAU von Tschernobyl und den langfristigen Folgen des Uranbergbaus hat sich die Landessynode für den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie eingesetzt.
«Wer angesichts einer Diskussion um die Endlichkeit fossiler Brennstoffe die Atomenergie wieder salonfähig machen will, wiederholt die energiepolitischen Fehler vergangener Jahrzehnte.» Die Nutzung der Atomenergie habe über viele Jahre große Summen öffentlicher Forschungsgelder verschlungen. Sinnvoller wäre gewesen, diese in den Ausbau regenerativer Energien zu investieren. «Die energiepolitische Zukunft liegt in der Energieeinsparung und in der verstärkten Nutzung regenerativer Energien.» Im holzreichen Thüringen könne auch Holz umfangreicher als bisher für den Einsatz in Blockheizkraftwerken oder direkt zum Heizen genutzt werden. (pm/elkth/rbr, 12.01.2006)

Atomkraft – kein Heilmittel

Von MARTIN VOSSELER*

Mit gigantischen Werbemitteln wird derzeit die Renaissance der Atomkraft weltweit propagiert. Diese wird als sauber und klimafreundlich gepriesen – trotz giftig strahlender Abfälle, die wir den nachfolgenden Generationen während Jahrmillionen zurücklassen; trotz Risiken bei möglichem, unermesslichem Schadenausmass; trotz des gewaltigen Strahlungspotenzials, das in jeder AKW-Anlage droht – allein die fünf Schweizer Atomkraftwerke beinhalten Radioaktivität in der Grössenordnung von rund 10‘000 Hiroshima-Atombomben; trotz der Verseuchung der Lebensgrundlagen beim Uranabbau, zumeist in Gebieten, wo indigene Völker wohnen; trotz der gewaltigen Energieverschwendung – zwei Drittel der erzeugten Energie verpuffen als Abwärme: trotz Unwirtschaftlichkeit – extrem hohe Baukosten und lange Bauzeiten.

Prof. Hans-Peter Dürr, langjähriger Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in München, nimmt in seinem Buch „Warum es ums Ganze geht“ (oekom verlag münchen 2009, S. 155) zur Atomenergie Stellung: „Ich nenne nur einen Grund, der für mich als Kernphysiker ein absolutes Nein zur Kernenergie bedeutet: Wir Menschen sollten nie und nimmer Technologien entwickeln, die bei einem maximalen Störfall zu einem Schaden führen, der nicht mehr von uns verantwortbar ist. Und diese Forderung muss gelten, ganz gleich, welche Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt eines solchen Störfalls ausgerechnet worden sind.“

Immerhin: Von AKW-Renaissance kann bisher keine Rede sein. Daneben erleben die erneuerbaren Energien ein starkes Wachstum. Schon nur die weltweit installierte Windenergie-Nennleistung hat sich von 2005 bis 2008 von 60‘000 auf 120‘000 Megawatt verdoppelt.  (Aus dem Buch von Martin Vosseler, „Der Sonne entgegen“, emu-Verlags-GmbH, Lahnstein 2010, S. 27)

*Martin Vosseler, Arzt und Umweltaktivist, versucht mit seiner Lebensweise und seinen Aktivitäten einen Beitrag zur Energiewende zu leisten

Atomenergie – ein politischer Entscheid

Aus dem Begleitmaterial zum Theaterstück „Die leuchten in der Nacht“, das 2010 in verschiedenen Schweizerstädten zur Aufführung kam. Das Stück zeigt die Schweiz 40 Jahre nach einem Super-GAU in einem schweizerischen Atomkraftwerk*. 

Es gibt einen einzigen politischen Entscheid, mit dem die Zerstörung des ganzen Landes bewusst in Kauf genommen wird, den Entscheid, Atomkraftwerke zu betreiben oder neue zu bauen.

Doch Tschernobyl ist lange her, ein Super-GAU hat sich seither nicht wiederholt, der Klimawandel hat der Atomindustrie einen scheinbar unschlagbaren Joker in die Hand gespielt, Deutschland probt den Ausstieg aus dem Ausstieg, die Gesuche für den Bau neuer AKWs in der Schweiz sind beim Bundesrat hinterlegt, selbst in Weissrussland, das zu einem Viertel verstrahlt ist, gibt es Pläne für ein neues Atomkraftwerk. So sieht die Lage in Sachen Kernenergie aus. Aber die Atomkraft ist ihre beiden monströsen Pferdefüsse nicht losgeworden. Noch immer würde keine Versicherung der Welt den Super-GAU versichern, noch immer gibt es für radioaktive Abfälle nirgends ein Endlager. Besonders beunruhigend sind die Bemühungen der Atomindustrie, die Betriebsfristen für schon bestehende Werke um Jahrzehnte zu verlängern. Niemand behauptet, dass Atomkraftwerke sicherer werden, indem sie altern. Aber eben: amortisierte Atomkraftwerke sind für die Elektrokonzerne regelrechte Geldschleudern mit Gewinnen von einer Million Franken pro Tag.

*Eine Produktion von Theater Marie (www.theatermarie.ch)

Atomkraft ist sicher…

…solange nichts passiert. Was hat uns Fukushima gelehrt? Wir wissen noch nicht, wie langfristig die Schäden sein werden. Wir wissen nicht, wie viele Menschen an den Folgen sterben werden. Die Frage ist auch, ob wir das jemals erfahren. Die Katastrophe von Tschernobyl hat 4‘000 Tote gekostet, sagt das Tschernobyl-Forum der UNO. Die Zahl der weltweiten Tschernobyl-Toten liegt mindestens zehnmal höher, sagen britische Wissenschaftler. Das Gefeilsche um die Toten von Tschernobyl lässt uns vermuten, dass auch in Fukushima Zahlen Interpretationssache sein werden. Fakt ist: Die Sperrzone rund um Fukushima ist mehr als 1‘200 Quadratkilometer gross, wovon allerdings die Hälfte auf das Meer entfällt. Die Landfläche von Japan ist also um 600 Quadratkilometer kleiner geworden. Das entspricht etwa der Fläche von Basel-Stadt und Baselland. Wir wissen nicht, wie lange diese Zone gesperrt bleiben wird, aber die 4‘300 gesperrten Quadratkilometer rund um Tschernobyl sind heute noch verlorenes Land. Gelernt haben wir auch: Atomkraftwerke sind nur dann knapp beherrschbar, solange die Infrastruktur eines Landes völlig intakt ist. Fällt der Strom aus, kann man Atomkraftwerke nicht einfach abschalten, denn ohne Kühlung frisst sich die Nachzerfallswärme den Weg in die Umwelt. Was passiert mit dieser Kühlung im Kriegsfall, oder bei einer noch grösseren Umweltkatastrophe, die ein ganzes Land lahmlegt? Atomkraftwerke geraten ausser Kontrolle, wenn der Strom, den sie selber liefern, nicht mehr fliesst. Wer immer sich dieses Prinzip ausgedacht hat, der hatte einen merkwürdigen Sinn für Humor. In der Filmsatire „Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ gibt es eine nicht abschaltbare „Weltuntergangsmaschine“, die im Kriegsfall automatisch die Menschheit auslöscht und abschreckend wirken soll. Diese Maschine gibt es in Wirklichkeit.
(Valentin Amrhein, Dozent für Zoologie an der Universität Basel, in der Basler Zeitung vom 27. Mai 2011)

"Da ist nichts, was wir tun könnten"

FORMAT-Interview. Dennis Meadows, Autor von "Die Grenzen des Wachstums", über die erschütternde Lage des Planeten.

Interview: Rainer Himmelfreundpointner, 03.06.2012

Vor 40 Jahren präsentierte Dennis Meadows den viel diskutierten Bestseller "Die Grenzen des Wachstums". Darin prognostizierte er zwar nicht den genauen Zeitpunkt des Weltuntergangs, aber der US-Forscher zeigte anhand von Rechenmodellen, dass bis Mitte dieses Jahrhunderts die Ressourcen des Planeten Erde aufgebraucht sein werden. Das Buch verkaufte sich 30 Millionen Mal. Meadows gilt mittlerweile als berühmtester "Untergangsprophet“ der Welt. FORMAT-Autor Rainer Himmelfreundpointner traf Meadows bei einem Wien-Besuch zu einem Exklusivinterview. Die Botschaft des fast 70-Jährigen ist heute ebenso wenig optimistisch wie damals und nichts für schwache Nerven.

FORMAT: Herr Meadows, laut Club of Rome sind wir derzeit mit einer Krise der Arbeitslosigkeit, einer Krise der Nahrungsmittel, einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sowie einer weltweiten ökologischen Krise konfrontiert. Jede einzelne sei ein Warnzeichen dafür, dass etwas ziemlich falsch läuft. Was genau?
Meadows: Was wir 1972 in "Die Grenzen des Wachstums“ gemeint haben und was heute noch stimmt, ist: Es gibt einfach kein endloses physisches Wachstum auf einem endlichen Planeten. An einem bestimmten Punkt hört sich das Wachstum auf. Entweder wir selbst stoppen es, indem wir unser Verhalten ändern. Oder der Planet stoppt es. 40 Jahre später muss man leider sagen: Wir haben im Grunde genommen gar nichts getan.

FORMAT: In Ihren 13 Szenarien beginnt das Ende des physischen Wachstums also die Zunahme der Weltbevölkerung, ihrer Nahrungsmittelproduktion oder was sie sonst noch herstellt oder konsumiert -zwischen 2010 und 2050. Ist es mit der Finanzkrise nun so weit?

Meadows: Man kann unsere heutige Situation so vergleichen: Nehmen Sie an, Sie haben Krebs. Und dieser Krebs verursacht Fieber, Kopfweh und andere starke Schmerzen. Aber die sind nicht das wahre Problem, sondern der Krebs. Wir jedoch versuchen, die Symptome zu behandeln. Niemand glaubt, dass so Krebs besiegt wird. Auch Phänomene wie Klimawandel oder Hunger sind bloß die Symptome einer Erkrankung unserer Erde, die unweigerlich zum Ende des Wachstums führt.

FORMAT: Krebs als Metapher für unkontrolliertes Wachstum?

Meadows: Klar. Gesunde Zellen hören an einem bestimmten Punkt auf zu wachsen. Krebszellen wuchern weiter, bis sie den Organismus töten. Bevölkerungs-oder Wirtschaftswachstum verhalten sich genau so. Es gibt eben nur zwei Möglichkeiten, das Wachstum der Menschheit zu verringern: Reduktion der Geburtenrate oder Ausweitung der Todesrate. Welche würden Sie bevorzugen?

FORMAT: Kein Mensch möchte das entscheiden müssen.

Meadows: Ich auch nicht. Wir haben die Möglichkeit der Wahl sowieso schon
verloren. Unser Planet wird sie treffen.

FORMAT: Wie?

Meadows: Bleiben wir bei der Nahrung. Mathematisch gesehen nehmen die Nahrungsmittel pro Person seit den 90er-Jahren ab. Die Produktion wächst zwar, aber die Bevölkerung wächst stärker. Hinter jeder Kalorie Essen, die auf den Teller kommt, stehen zehn Kalorien Öl oder fossiler Energieträger für dessen Produktion,Transport, Lagerung, Zubereitung oder Entsorgung. Je weniger Ölvorräte und fossile Energieträger werden, desto mehr steigen die Lebensmittelpreise.

FORMAT: Es ist also kein reines Verteilungsproblem?

Meadows: Natürlich auch. Würden wir gerechter verteilen, müsste niemand verhungern. Aber Faktum ist: Zur Lebensmittelproduktion braucht es fossileEnergieträger wie Öl, Gas oder Kohle. Doch diese Vorräte gehen zur Neige. Egal, ob jetzt neue Schieferöl- und Gasvorkommen ausgebeutet werden. Peak-Oil und Peak-Gas sind überschritten. Das bedeutet immensen Druck auf das ganze System.

FORMAT: Laut Ihren Modellen hält das Bevölkerungswachstum, das 2050 bei rund 9,5 Milliarden Menschen liegen soll, selbst bei einer Stagnation der Nahrungsmittelproduktion noch 30, 40 Jahre an.

Meadows: Und das bedeutet, dass es sehr viele extrem arme Menschen geben wird. Deutlich mehr als die Hälfte der Menschheit. Heute schon können wir einen großen Teil der Menschheit nicht ausreichend ernähren. Alle Ressourcen, die wir kennen, werden weniger. Man kann nur raten, wohin das führen wird. Es gibt zu viele "Wenns“ für die Zukunft: Wenn die Menschen klüger werden, wenn es keinen Krieg gibt, wenn wir einen technologischen Fortschritt machen. Wir werden ja jetzt schon nicht mit unseren Problemen fertig, wie sollen wir das in 50 Jahren schaffen, wenn sie noch größer sind?

FORMAT: Und schuld daran ist die Art unseres Wirtschaftens?

Meadows: Unser Wirtschafts-und Finanzsystem tut uns nicht einfach etwas an. Es ist ein Werkzeug, das wir entwickelt haben und das unsere Ziele und Werte widerspiegelt. Die Leute kümmern sich eben nicht um die Zukunft, sondern nur um ihre momentanen Probleme. Deswegen haben wir auch eine derart schwere Schuldenkrise. Schulden sind das genaue Gegenteil davon, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Wer Schulden macht, sagt: Mir ist egal, was kommt. Und wenn vielen Menschen die Zukunft einerlei ist, werden sie ein Wirtschafts-und Finanzsystem schaffen, das die Zukunft zerstört. Man kann an diesem System herumschrauben, solange man will. Solange sich nicht die Werte der Menschen verändern, wird es so weitergehen. Wenn Sie jemandem einen Hammer in die Hand drücken und er erschlägt seinen Nachbarn, hilft es ja auch nichts, den Hammer zu verändern. Selbst wenn Sie ihm den Hammer wegnehmen, bleibt er dennoch ein potenzieller Killer.

FORMAT: Systeme, die die Art des Zusammenlebens der Menschen organisieren, kommen und gehen.

Meadows: Aber der Mensch bleibt derselbe. In den USA haben wir ein System, in dem es okay ist, dass wenige immens reich und viele verdammt arm sind, ja gar verhungern. Solange wir das akzeptabel finden, hilft es auch nicht, das System zu ändern. Die herrschenden Werte werden immer zum selben Ergebnis führen. Diese Wertenorm zeigt sich auch beim Klimawandel. Der kümmert auch keinen.

FORMAT: In Europa schon.

Meadows: China, Schweden, Deutschland, Russland, die USA haben alle unterschiedliche Gesellschaftssysteme. Aber in jedem Land steigen die CO2-Emissionen. Weil es den Menschen eigentlich egal ist. 2011 war der Rekord. Im Vorjahr gab es mehr Kohlendioxidausstoß als in der gesamten Menschheitsgeschichte davor. Obwohl alle wollen, dass er abnimmt.

FORMAT: Was läuft da falsch?

Meadows: Vergessen Sie die Details. Die Grundformel der CO2-Belastung besteht aus vier Elementen. Zuerst die Zahl der Menschen auf der Erde. Multipliziert mit dem Kapital pro Person, also wie viele Autos, Häuser oder Kühe auf einen Menschen kommen, ihr Lebensstandard. Das wiederum multipliziert mit dem Faktor Energieeinsatz pro Kapitaleinheit, also wie viel Energie es braucht, Autos herzustellen, Häuser zu bauen und zu versorgen oder Kühe zu füttern. Und das schließlich multipliziert mit jenem Energieanteil, der aus fossilen Trägern stammt.

FORMAT: Etwa 80 bis 90 Prozent.

Meadows: Ungefähr. Wenn man will, dass die CO2-Belastung zurückgeht, muss das Gesamtergebnis dieser Multiplikation kleiner werden. Was tun wir aber? Wir versuchen den Anteil der fossilen Energie zu verringern, indem wir mehr alternative Quellen wie Wind und Sonne nützen. Dann arbeiten wir daran, unseren Energieeinsatz effizienter zu machen, isolieren Häuser, optimieren Motoren und all das. Wir arbeiten bloß an den technischen Aspekten. Aber wir vernachlässigen die Bevölkerungszahlen völlig und glauben, dass unser Lebensstandard immer besser wird, zumindest gleich bleibt. Wir ignorieren in dieser Gleichung also die sozialen Elemente total und versuchen nur, das Problem von der technischen Seite zu lösen. So werden wir scheitern. Denn das Bevölkerungswachstum und auch die Lebensstandards sind viel größer, als wir durch Effizienz oder Alternativenergie einsparen könnten. Deswegen werden die CO2-Emissionen weiter steigen. Es gibt keine Lösung für das Klimawandel-Problem, solange wir nicht die sozialen Faktoren dieser Rechnung angehen.

FORMAT: Sie meinen also, die Erde wird das selbst in die Hand nehmen?

Meadows: Katastrophen sind der Weg, wie der Planet seine Probleme löst. Durch den Klimawandel wird es zum Anstieg des Meeresspiegels kommen, weil die Polkappen schmelzen. Schädliche Arten werden sich in Gegenden verbreiten, wo sie nicht auf genügend natürliche Feinde treffen. Der Temperaturanstieg führt zu gigantischen Winden und Stürmen, was sich wiederum auf die Niederschlägeauswirkt. Also mehr Überflutungen, mehr Dürren.

FORMAT: Zum Beispiel?

Meadows: Die Fläche, auf der heute 60 Prozent des Weizens für China wachsen, wird für eine Landwirtschaft zu trocken werden. Gleichzeitig wird es aber in Sibirien mehr regnen und das Land dort fruchtbarer werden. Also wird eine massive Migration von China nach Sibirien stattfinden. Wie oft habe ich das bei meinen Vorlesungen in Russland schon erzählt. Die älteren Leute waren besorgt. Aber die junge Elite hat bloß gemeint: Wen kümmert’s? Ich will nur reich werden.

FORMAT: Was tun?

Meadows: Wenn ich das nur wüsste. Wir kommen in eine Periode, die nach einem dramatischen Wechsel in praktisch allem verlangt. Leider ändern sich unsere Gesellschafts-oder Regierungssysteme nicht so schnell. Das momentane System funktioniert jedenfalls nicht. Es hat den Klimawandel nicht gestoppt, die Finanzkrise nicht verhindert. Die Regierungen versuchen, ihre Probleme zu lösen, indem sie Geld drucken, was ziemlich sicher in wenigen Jahren zu sehr hoher Inflation führen wird. Das ist eine sehr gefährliche Phase. Ich weiß nur, dass der Mensch immer dann, wenn er in unsicheren Zeiten die Wahl zwischen Freiheit und Ordnung hatte, die Ordnung gewählt hat. Ordnung bedeutet nicht unbedingt Recht oder Gerechtigkeit, aber das Leben ist halbwegs sicher, und die Züge fahren pünktlich.

FORMAT: Befürchten Sie ein Ende der Demokratie?

Meadows: Ich sehe zwei Tendenzen. Einerseits das Aufbrechen von Staaten in kleinere Einheiten, etwa Regionen wie Katalonien. Und andererseits eine starke, zentralisierte Supermacht. Keinen Staat, sondern eine faschistische Kombination aus Industrie, Polizei und Militär. Vielleicht wird es in Zukunft ja beides geben. Die Demokratie ist ja ein sehr junges gesellschaftspolitisches Experiment. Und sie funktioniert derzeit leider nicht. Sie hat nur Krisen hervorgebracht, die sie nicht lösen kann. Demokratie trägt im Moment nichts zu unserem Überleben bei. Dieses System wird von innen heraus kollabieren, nicht wegen eines äußeren Feindes.

FORMAT: Sie spielen auf die "Tragödie des Allgemeinguts“, auch als Allmendeklemme oder "Tragedy of the Commons“ bekannt, an?

Meadows: Das ist das Grundproblem. Wenn in einem Dorf jeder seine Kühe auf der saftigen Wiese -dem Gemeindeanger, im alten England "Commons“ genannt grasen lassen darf, profitieren kurzfristig jene am stärksten, die die meisten Kühe zur Weide führen. Wenn das aber alle machen, wächst langfristig überhaupt kein Gras mehr, und alle Kühe sterben.

FORMAT: Also muss eine Übereinkunft her, wie die Wiese am besten zu nutzen sei.
Das kann doch Demokratie am besten.

Meadows: Vielleicht. Aber wenn das demokratische System dieses Problem nicht auf globaler Ebene lösen kann, wird es wohl eine Diktatur versuchen. Immerhin geht es etwa um Fragen wie globale Geburtenkontrollen. Wir sind jetzt 300.000 Jahre auf diesem Planeten und haben uns selbst in vielen verschiedenen Varianten regiert. Am erfolgreichsten und effektivsten dabei war das Stammes-oder Klansystem, nicht Diktaturen oder Demokratien.

FORMAT: Könnte eine große technologische Entwicklung die Erde retten?

Meadows: Nein. Technologien brauchen Gesetze, Vertrieb, Ausbildung, Leute, die damit arbeiten -siehe meine obige Rechnung. Außerdem ist Technologie auch nur ein Werkzeug wie der Hammer oder ein neoliberales Finanzsystem. Solange unsere Werte so sind, wie sie eben sind, werden wir Technologien entwickeln, die ihnen entgegenkommen.

FORMAT: Alle Welt sieht derzeit das Heil in nachhaltiger Green Tech.

Meadows: Das ist reine Fantasie. Selbst wenn wir es schaffen, die Effizienz der Energienutzung drastisch zu erhöhen, erneuerbare Energien deutlich stärker zu nutzen und unter schmerzhaften Opfern unseren Konsum einzuschränken, haben wir praktisch keine Chance, die Lebensdauer des gegenwärtigen Systems zuverlängern. Die Ölproduktion wird sich in den nächsten 20 Jahren ungefähr um dieHälfte reduzieren, selbst bei der Ausbeutung von Ölsand oder Schieferöl. Das passiert einfach zu schnell. Abgesehen davon lässt sich mit Öl ungleich mehr verdienen als mit alternativer Energie. Und mit Windrädern lassen sich keine Flugzeuge betreiben. Erst kürzlich hat der für die globale Airline-Industrie zuständige Weltbank-Direktor zu mir gemeint, das Problem von Peak-Oil wird in seiner Institution nicht diskutiert, es ist einfach tabu. Wer es trotzdem versucht, wird gefeuert oder versetzt. Denn Peak-Oil zerstört den Glauben an Wachstum. Man müsste ja alles ändern.

FORMAT: Gerade bei Airlines ist doch der Anteil fossiler Brennstoffe sehr hoch.

Meadows: Eben. Und genau deswegen wird auch die Ära des billigen Massentransports mit Flugzeugen bald zu Ende gehen. Das werden sich nur mehr Reiche oder große Länder leisten können. Man kann sich mit viel Geld vielleicht aus der Energie-oder Lebensmittelknappheit rauskaufen. Aber nicht aus dem Klimawandel. Der betrifft sowohl die Armen als auch die Reichen.

FORMAT: Haben Sie auch Lösungsvorschläge für diese Megamisere?

Meadows: Dazu müsste sich die Natur des Menschen ändern. Wir sind im Prinzip heute noch genauso programmiert wie vor 10.000 Jahren. Wenn einer unserer Vorfahren von einem Tiger angegriffen wurde, hat er sich auch keine Gedanken über die Zukunft gemacht, sondern um sein momentanes Überleben. Ich befürchte, dass
wir aus genetischen Gründen einfach nicht in der Lage sind, mit solch langfristigen Dingen wie Klimawandel umzugehen. Solange wir das nicht lernen, gibt es keinen Weg, all diese Probleme zu lösen. Da ist nichts, was wir tun könnten. Die Leute sagen immer wieder: Wir müssen unseren Planeten retten. Nein, müssen wir nicht. Der Planet wird sich schon selbst retten. Hat er immer schon gemacht. Manchmal hat das eben Millionen Jahre gedauert, aber es ist passiert. Wir sollten uns nicht um den Planeten Sorgen machen, sondern um die Spezies Mensch.

Zur Person: Dennis Meadows, 70, hat vor 40 Jahren mit seiner vom Club of Rome beauftragten Studie "Die Grenzen des Wachstums“ ("The Limits to Growth“) den Fortschrittsglauben der Menschen nachhaltig erschüttert. Der Ökonom war mehrfacher Direktor des renommierten Massachusetts Institute of Technology, Gastdozent in aller Welt und unterrichtete am Dartmouth College und an der University of New Hampshire, wo er heute als Emeritus weiterlehrt.

Quelle: http://www.format.at/articles/1222/525/329547/da (Stand 04.07.2012) (aus ASPO Schweiz Newsletter Nr. 66. www.peakoil.ch)

Die Welt mit und ohne AKW

Solange es in der Schweiz Atomkraftwerke gibt….

  • wird laufend Atommüll produziert, der die nachkommenden Generationen während Jahrtausenden belastet und bedroht
  • haben wir Ziele für Terroranschläge im Land
  • kann es jederzeit eine grosse Katastrophe, einen Super-GAU geben
  • würde es bei einem Super-GAU Tausende von Toten geben
  • riskieren wir ganze Landesteile evakuieren zu müssen
  • würden bei einem Super-GAU ganze Landesteile für Jahrhunderte unbewohnbar werden
  • wird laufend Radioaktivität in die Luft und in das Wasser abgegeben
  • werden wir durch Radioaktivität verursachte Krebsfälle haben 
  • werden wir durch Radioaktivität verursachte Genschäden haben
  • wird man nach dem Abbruch stillgelegter AKW einen Teil des Materials als Atommüll lagern müssen
  • wird die Entwicklung der erneuerbaren Energien behindert
  • werden Milliarden in eine Technologie gesteckt, die von einem nur beschränkt zur Verfügung stehenden Energieträger (Uran) abhängig ist
  • werden wir von Uranlieferanten und den Abnehmern der abgebrannten Brennstäbe abhängig sein
  • werden wir von Kriegen um Uran betroffen sein
  • werden uns andere die Energiepreise diktieren
  • kann das Restmaterial für militärische Zwecke verwendet werden
  • ist die Schweiz militärisch nicht mehr zu verteidigen
  • werden wir von Grosskraftwerken abhängig sein
  • werden wir zur Energieverschwendung animiert

Wenn es in der Schweiz keine Atomkraftwerke gibt….

  • wird es nie Atomkatastrophen geben
  • werden wir nicht riskieren, dass ganze Städte und  Landesteile evakuiert werden müssen und für Jahrhunderte unbewohnbar bleiben
  • wird nicht permanent Radioaktivität an die Luft und ins Wasser abgegeben
  • gibt es keine Genschäden als Folge der radioaktiven Strahlung aus Atomanlagen mehr
  • gibt es keine Häufung von Krebsfällen in der Umgebung von Atomanlagen mehr 
  • werden die kommenden Generationen nicht für Kahrtausende durch unseren Atommüll belastet
  • wird durch die Kühlung kein Wasser verdampft oder aufgeheizt
  • werden wir keine ausgedienten Atomkraftwerke entsorgen müssen
  • werden wir eine Energieversorgung aufbauen können, der für alle Zeiten genug Energie zur Verfügung steht
  • wird die Sonne zum wichtigsten Energielieferanten
  • stehen Milliarden für den Ausbau der Sonnenenergie zur Verfügung
  • wird es keine Energie-Preisschocks geben
  • bleiben uns die Probleme erspart, die es gibt, wenn Erdöl und Uran fast gleichzeitig zu Ende gehen
  • sind wir nie Verteilungskämpfen und Kriegen um das Uran ausgesetzt
  • können keine Atomabfälle zur Waffenproduktion verwendet werden
  • werden wir in einer sicheren und friedlicheren Welt leben

In welcher Welt möchten Sie leben? Mit oder ohne Atomkraftwerke?

Galerie moderner Zeitgenossen (Glosse)

Der Zudreher

Als natürlicher Feind des Laufenlassers hat er die Tendenz, bei sämtlichen ambulanten Waschvorgängen (Gesicht waschen, Zähne putzen usw.) den Warmwasserhahn zwischen den einzelnen Waschphasen wieder zuzudrehen. Dass sich immer mehr Laufenlasser freiwillig in Zudreher verwandeln verursachte ernsthafte Sorgen bei den Erdöl exportierenden Ländern und den einheimischen Stromproduzenten.

Der Runterlasser

Als natürlicher Feind des Offenlassers lässt er jeden Abend die Storen runter und am Morgen wieder rauf. Zu erkennen an einer wohlproportionierten Oberarm- und Schultermuskulatur und an seiner nächtlicherweise allseitig geschlossener Nisthöhle. Weckt Stirnrunzeln und Kopfschütteln bei Ölscheichs und Elektromuftis.

Der 500m-Typ

Legt jede Strecke, die kürzer ist als 500 Meter, zu Fuss zurück. Entlastet damit die Dorfstrassen und rettet Bäume. Dem Vernehmen nach sollen vereinzelt bereits 1’000m-Typen beobachtet worden sein. 

Der Fahrenlasser

Als natürlicher Feind des Selberfahrers benutzt er überall, wo’s geht, die öffentlichen Verkehrsmittel. Hat vielerorts, wenn er will, Erstklasswagen zur Verfügung. Nicht gratis, aber zu erschwinglichem Preis. Sein Motto: Fahrenlassen macht Spass!

Der Sorgheber

Als natürlicher Feind des Mir-isch-gliich sammelt er alles, was sich irgendwie wiederverwerten lässt und unterlässt alles, was Wasser, Luft und Boden unnötig belastet. Dass er vorläufig noch in der Minderheit ist, stört ihn wenig. Er weiss: Ein Beispiel ist besser als keins. Unser Geheimtip: Dieser Typ ist im Kommen!

Der Gesundesser

Als natürlicher Feind des Exotenessers verpflegt er sich fast ausschliesslich mit einheimischer Grob- und Feinkost. Spart dadurch irre Transportierereien und überlässt den Drittweltboden den ursprünglichen Besitzern zum Anbau ihrer eigenen Nahrungsmittel. Empfehlenswert.

Der Machenwir

Als natürlicher Feind des Nutztnüt macht er alles, was zur Erhaltung einer lebenswerten Um- und Nachwelt beiträgt. Alle Macher unserer Tage in Machenwire umzupolen, ist eine vordringliche Aufgabe. Machen wir’s! (Nicht vergessen: Bei sich selber anfangen!)

Der Ninome

Als natürlicher Feind des Immermehr will er nicht noch mehr Apparate und Dinge und Sachen (Luxus und Plunder), denn alles braucht zur Herstellung Rohstoffe und Energie, das meiste brauchen wir sowieso nicht. Der Ninome weiss das und verzichtet. Empfehlenswert.

Der Absteller

Als natürlicher Feind des Brennen- oder Laufenlassers stellt er alle Lampen, Heizungen, Motoren, Computer, TV-Apparate und Radios ab, die unnötig in Betrieb sind. Wo immer er sie antrifft. Heute ein Fulltime-Job.

Gier (Kolumne)

Im Text von Annemarie Pieper geht es nicht um Atomkraftwerke. Wir fügen ihn hier gleichwohl ein, in der Meinung, es lohne sich, auch mal hinter die äussere Fassade der Auseinandersetzung zu schauen. Und da findet sich so einiges an Gründen, weshalb Atomenergie überhaupt zur Diskussion steht. Nicht nur Gier, es ist auch die (fast) unbestrittene und kaum hinterfragte Wachstumsphilosophie oder unsere auf dem Zins beruhende Wirtschaftsordnung.

Von ANNEMARIE PIEPER*

„Die Gier ist in aller Munde. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht auch in den Printmedien den für die derzeitige Weltwirtschaftskrise verantwortlich Gemachten Gier vorgeworfen wird. Am Pranger stehen Finanzhaie, Raubtiere und Heuschrecken – besonders gefrässige Lebewesen, die über die Lebensgrundlagen ihrer Artgenossen herfallen und sie vernichten.

Man beleidigt jedoch die Tiere, wenn sie als Muster für Gier herhalten müssen, denn ihr Fressverhalten ist selbstgenügsam; es kennt ein Mass. Menschliche Gier hingegen ist unersättlich und damit masslos. An die Stelle des natürlichen Kontrollmechanismus, der die Tiere davon bewahrt, ein Zuviel an Futter zu verzehren, ist bei den Menschen die freie Selbstbestimmung getreten, die sich an Vernunftprinzipien orientiert. Doch wenn die Stimme der Vernunft kein Gehör findet, gehen Grenzen und Mass verloren.

Habgier, Raffgier, Besitzgier und am Ende die nackte Gier sind die Folgen des Kontrollverlustes. Das ist gleichsam der Supergau der Freiheit. Anstatt unsere elementaren Bedürfnisse durch sparsamen Umgang mit den verfügbaren Ressourcen zu befriedigen und damit die Lebensqualität langfristig zu stabilisieren, setzen wir übermütig auf ungebremsten Fortschritt, grenzenlose Steigerung des Nutzenwachstums und uneingeschränkte Vermehrung materieller Güter. Haben wir vergessen, dass uns schon die allererste Gier das Paradies gekostet hat? (…)

Gier ist ansteckend. Selbst die allgemein eher positiv beurteilte Neugier, die Wissensdurst, Abenteuerlust und Entdeckerfreude fördert, kann in reine Massengier umschlagen, was die magisch angezogenen Scharen von Gaffern an Unfallstellen beweisen, aber auch die Klatschblätter, die den Voyeurismus einer promigierigen Leserschaft bedient. Da wir uns sowohl beruflich als auch privat in einem ständigen Wettbewerb befinden, uns mit und an anderen messen müssen, bleibt der Neid auf die besser Weggekommenen nicht aus. Der Neid facht den Hunger nach Anerkennung an und steigert die Gier, alle anderen zu übertrumpfen. (…)“. (Basler Zeitung 14.06 2010)

* Annemarie Pieper, Kolumnistin und Buchautorin, bis 2001 ordentliche Professorin für Philosophie an der Universität Basel

Kernkraft – ein Bewusstseinsproblem

Von HANS-BERND NEUMANN*

Verfolgt man heute die Diskussion über die Nutzung der Kernenergie, wird in der Regel nur das technische Machbarkeitsproblem behandelt. Technische Diskussionen basieren aber allein auf der Verstandeslogik. Die Logik ist unzureichend für die Anwendung einer Naturkraft, die sich grundsätzlich nicht allein mit der Verstandeslogik verstehen lässt. Erst die „Logik hinter der Logik“ kann die Probleme verstehen, welche mit der Nutzung der Kernenergie auftreten.

Die Wirkung der Radioaktivität auf den lebendigen Organismus wird Radiotoxologie genannt. 

Dieser Begriff ist der Chemie des 19. Jahrhunderts entlehnt. Er suggeriert zwei Dinge:

  1. Eine toxische, d.h. giftige Substanz könne durch ein Gegengift unwirksam gemacht werden.
  2. Das Gift wirke erst ab einem gewissen Schwellenwert als Gift.

Beide Aussagen sind für die Wirkung von Radioaktivität falsch. Erstens: Gegen die Wirkung von Radioaktivität gibt es kein Mittel ausser der Vermeidung. Zweitens: Es gibt keinen Schwellenwert, ab dem Radioaktivität tödlich wirkt. Jede radioaktive Bestrahlung von Organismen kann tödliche Folgen haben; die Wahrscheinlichkeit, ob dieses Ereignis eintritt oder nicht, wächst mit der Strahlendosis.

Ähnlich irreführend sind viele andere Begriffe im Umkreis der Kernenergie. Wir sprechen von „Kontamination“, wenn ein Gegenstand mit einem Stoff behaftet ist. Dieser Begriff wird auch im Umgang mit der Radioaktivität verwendet, ist aber wie der Begriff „Radiotoxologie“ irreführend. Liegt ein Gift auf einem Tisch, so ist dieser mit dem Gift „kontaminiert“. Wird das Gift vom Tisch entfernt, so ist dieser „dekontaminiert“. Für radioaktive Substanzen gilt diese einfache Regel nicht. Liegt eine radioaktive Substanz  auf dem Tisch, so wird der Tisch mit der Zeit selbst mehr oder weniger radioaktiv. Entfernt man die radioaktive Substanz, so darf nicht mehr von Dekontamination gesprochen werden, denn nun ist der Tisch ja selbst radioaktiv.

Dies hat erhebliche Folgen für die Lagerung radioaktiver Substanzen, insbesondere stark strahlender Neutronenstreuer wie „abgebrannter“ (ebenfalls ein irreführender Begriff) Uranbrennstäben aus Kernkraftwerken. Der Behälter, in dem ein solcher stark strahlender Gegenstand aufbewahrt wird, wird mit der Zeit selbst radioaktiv. Daher kann es nur „Zwischenbehälter“ wie den „ Castor“ geben. Seinen Bruder „Pollux“, der die Radioaktivität endgültig abschirmt, wird es aus grundsätzlichen Gründen nie geben können.

Das Unwort des 20. Jahrhunderts im Umgang mit Radioaktivität ist „Endlager“. Es gaukelt uns vor, man könne eine radioaktive Substanz für alle Zeiten aus dem Zugriffsbereich des Menschen verschwinden lassen. Dies ist aber unmöglich. Wir wissen nicht genau, wie die Lagerstätten in zwanzig-, fünfzig- oder gar hunderttausend Jahren aussehen werden. Darüber hinaus ist ein noch viel schwerwiegenderes Problem die Tatsache, dass der Mensch heute weiss, wo sich diese Lagerstätten befinden. Wie will man verhindern, dass irgendwann in der Menschheitszukunft irgendjemand an den entsprechenden Stellen gräbt und dann die Katastrophe über die Menschen bringt? Im Umgang mit der Radioaktivität müssen wir uns angewöhnen, in Zeitskalen zu denken, die weit über die Zeitspanne eines Menschenlebens hinausreichen.

Das Phänomen Radioaktivität ist also nicht vom Menschen abzukoppeln. Überall, wo heute Radioaktivität erscheint, muss ganz genau geschaut werden, wie es um das menschliche Bewusstsein bestellt ist, das diese Radioaktivität begleitet.

In neuen Zeitskalen denken

Wir sprechen von Sekundärfolgen, wenn Menschen nach einer Verstrahlung Krebs oder Leukämie bekommen. Darüber hinaus sprechen wir von Sekundärfolgen, wenn das Erbgut verändert wird. Genetische Veränderungen treten gehäuft erst in der dritten bis fünften Generation nach einer radioaktiven Bestrahlung auf. Dies wissen wir aus Experimenten mit Säugetieren, die sich schneller reproduzieren als der Mensch. Für uns bedeutet dies: Wir leben heute in einer Zeit, da genetische Erbschäden gehäuft in den Familien zu erwarten sind, deren Urgrosseltern in Hiroshima, Nagasaki oder Nevada verstrahlt wurden. Die massiven Erbschäden von Tschernobyl in Weissrussland und der Ukraine werden auf die Menschheit erst zum Jahrhundertende zukommen. Bereiten wir uns schon genügend auf diese Problematik vor?

Unser rationaler Verstand denkt nur in Grössenordnungen von maximal einer Generation. Transrationales Bewusstsein weiss, dass Ereignisse in der Welt weder räumlich noch zeitlich voneinander abgegrenzt sind. Alles hängt mit allem zusammen. Daher versucht das transrationale Bewusstsein grosse Zeitskalen zu überschauen und weiss, welche Anstrengungen damit verbunden sind.

Sicherheitskonzepte und der Mensch

Die Sicherheitskonzepte von Atomanlagen sind heute äusserst komplex und raffiniert. Alle diese Konzepte schliessen aber einen wesentlichen Faktor aus: den Menschen. Es ist gerade ihr Ziel, den menschlichen Faktor herauszuhalten, da dieser als unberechenbar gilt. Diese Haltung wird aber dem kernphysikalischen Prozess nicht gerecht. Kernenergie ist eine ganz neue und eigenständige Naturkraft, die, wenn überhaupt, nur mit einem besonderen Bewusstsein beherrscht oder begleitet werden kann und muss. Der kernphysikalische Prozess steht in einem Zusammenhang mit dem Menschen, der diesen Prozess führt oder begleitet. Das Sicherheitskonzept einer kernphysikalischen Anlage, die bewusst den Faktor Mensch ignoriert und damit ein translogisches System auf ein rein logisches Problem reduziert, ist dem System nicht entsprechend und damit ungenügend. Sellafield, Harrisburg und Tschernobyl sind deutliche Hinweise. In allen drei Fällen kam es aus menschlichem Versagen zur Katastrophe. Hingegen wurde im schwedischen Forsmark am 25. Juli 2006 durch regelwidriges Eingreifen eines Technikers ein GAU verhindert.

Probleme mit der Anwendung neuer Techniken, die auf der modernen Quantenmechanik und Chaostheorie basieren, entstehen dort, wo sie von Menschen genutzt werden, die nur die einfache Verstandeslogik ausgebildet haben. Derjenige, der die Probleme wirklich versteht, hält sich mit Urteilen wie „so etwas ist unmöglich“ oder „so etwas kann bei uns nicht passieren“ bei der Bewertung der Risiken zurück. Der Translogiker nämlich weist in seiner Argumentation auch auf die modernen Techniken und ihren Zusammenhang mit dem Menschen hin. Ihm ist bewusst, dass der Mensch der wesentliche Faktor im System ist und nicht nur eine beobachtende Randgestalt. Ob die Menschheit irgendwann einmal in der Lage sein wird, die Kerntechnik verantwortungsvoll anzuwenden, sei dahingestellt. Zur Zeit sind wir weit davon entfernt, behaupten zu dürfen, wir könnten die Kernenergie sicher anwenden. Solange die Fragen der Kernenergie auf rein technische Probleme reduziert werden, darf man sie nicht weiter anwenden. (Aus der Zeitschrift „Die Christengemeinschaft 6/2008)

* Hans-Bernd Neumann, geb. 1964, Studium der Physik, Promotion im Bereich der Festkörperphysik, Studium der Theologie in Stuttgart; 1999 Weihe zum Priester in der 

Christengemeinschaft, als Pfarrer in Bielefeld tätig bis 2006, seitdem Pfarrer in Tübingen

Kommt Zeit, kommt Tat?

Was können wir von der Politik erwarten? Ist sie fähig (und willens), die längst fällige Wende in der Energiepolitik schnell herbeizuführen?

Die von Bundesrätin Doris Leuthard schnell anberaumte Überprüfung der AKWs hat das erwartete Resultat erbracht: Probleme, die behoben werden sollen (und können). Man nennt das „Nachbessern“. Das klingt wie verbessern von Tippfehlern. Selbst die gravierenden Mängel im AKW Mühleberg geben vermutlich keinen Anlass, diese Zeitbombe sofort abzuschalten. Wir leben in der Schweiz, hier seien „Störfälle“ nicht zu befürchten. Bis heute ist nichts Gravierendes passiert. Die Kernschmelze in Lucens 1969 ist lange her, auch wenn die „Aufräumarbeiten“ bis 2003 dauerten. Und alle anderen „Vorfälle“ geschahen im Ausland und sind im Vergleich zu Tschernobyl und Fukushima, „glimpflich“ abgelaufen. (Auf einer Website von Wikipedia werden gegen 30 gravierende Kernkraftunfälle aufgelistet.)

Was kann man von 83 Parlamentariern und 14 Parlamentarierinnen erwarten, welche vom AKW-Interessenverband „Aktion für vernünftige Enegiepolitik Schweiz AVES“ als Mitglieder aufgelistet werden (20 davon gehören der CVP an, 26 der FDP, 48 der SVP)? Das entspricht fast der Hälfte aller Parlamentssitze. Wurden sie nachdenklich, können sie ihre Haltung ändern? Viele sind sich gewohnt, Probleme auszusitzen. Auf diese Haltung setzt auch Axpo-Boss Karrer: „Ich habe auch schon erlebt, dass Politiker ihre Meinung wieder änderten“ (Interview „Sonntags-Zeitung“). Die Namen sind bekannt.

Nach dem Bundesratsentscheid folgte postwendend die Drohung: Das wird teuer! Was ist denn mit den Gewinnen geschehen, welche jahrzehntelang dank den subventionierten AKWs gescheffelt wurden? Verdunstet? Investiert? Wo? Und wie teuer käme ein AKW-Unfall? Dafür müssten die Energiekonzerne doch auch „sparen“. Aber das müsste sowieso die Allgemeinheit übernehmen.

Als Argument, die AKWs nach wie vor im Rennen zu behalten, wird neben der „Versorgungssicherheit“ wohl auch weiterhin die Klimaveränderung, der Ausstoss von CO2 herhalten müssen. Nur sind AKWs keineswegs so sauber und emissionsfrei, wie das behauptet wird. Abgesehen von der permanenten Strahlenbelastung der Umgebung und dem hochradioaktiven, bis heute nicht entsorgbaren Abfall wird die Urangewinnung ausgeblendet. Das geht uns nichts an, das geschieht im Ausland.

Die Gefahren für die Gesundheit der im Uranabbau  Arbeitenden zeigen sich im deutschen Wismut. Bis 1990 wurden rund 7‘000 Todesfälle wegen Lungenkrebs registriert. Ein anderes Beispiel ist der Atomkomplex Majak, wo 1957 eine Explosion eine Strahlenkatastrophe verursachte. Flüsse und die Umgebung sind noch heute radioaktiv verseucht und Sperrgebiet.

Eigentlich gibt es nur einen Weg: AKWs so rasch wie möglich abschalten und umstellen auf erneuerbare Energien. Wenn diese Entwicklung von den Energiekonzernen mithilfe der Politik nicht über Jahrzehnte be- und verhindert worden wäre, klänge dies nicht so utopisch. Und wenn immer behauptet wird, die Produktion sei viel zu teuer, dann wird vergessen, dass mit der Massenproduktion auch die Preise sinken.

Das Festhalten an einer Energieproduktion, welche über 30 bis 50 Jahre lebensbedrohlichen radioaktiven Abfall produziert, grenzt an Wahnsinn. Abfall, der über Tausende von Jahren vor menschlichen Eingriffen, natürlichen und geologischen Veränderungen, die überhaupt nicht vorausgesagt werden können, geschützt werden muss. Eine irrwitzige Unverschämtheit, diese weiter zu propagieren und betreiben zu wollen. Hat wirklich ein Umdenken stattgefunden? Oder ist es nur opportunistisches Geflunker? (Aldo Clerici in „moneta 2/2011, Zeitschrift für Geld und Geist").

Mühleberg abstellen

KOMMLL Leicht gekürzte, satirisch-ironische Mundart-Rede von  PETER STUTZ*, gehalten am 9. März 2013 auf dem Münsterplatz in Bern, anlässlich einer Fukushima-Gedenkveranstaltung:
(Standardsprachliche Fassung am Schluss)

Wei mer go ds AKW Mühlebärg abschalte? Es isch ja im Januar schomal abgschalte gsi. Nume hei si s nach vier Täg leider wider igschalte.

I bi äbe grad no vom Betriebsleiter vom AKW Mühlebärg ufghalte worde. Dir erkennet ne sicher aui, we der ne gseht: Är het e so nes Strahle im Gsicht, üse Herr Strahlemann. Är het gseit, me müess sech bi me Notfall kener Sorge mache, d‘BKW heig das im Griff. Di hei da so ne todsichere Zwöistuefeplan: I me erste Schritt wärdi ärvor BKW beförderet, vom Betriebsleiter zum GAU-Leiter. U ne zwöite Schritt erübrige sech ja de.

Ja, dr Herr Strahlemann isch glücklich, er het itz aui sini Chügeli wider gfunde. He ja, ds AKW isch drum Mitti Januar chrank worde. U wi jedes guete Mami, wo öppis vo Homöopathie versteit, hei nem d Ingenieure vor BKW de so Chügeli gäh. Das isch ds Standardvorgehe bi mene AKW: Wes chrank isch Chügeli gäh!

Was ds Ungloubliche isch: Das isch de e wahri Gschicht!! Mitti Januar hei si im AKW Mühlebärg plötzlich Wasser verlore, dr Würkigsgrad isch eso starch zämegheit, dass si hei müsse usefinde, was da los isch. E so Problem gäbis haut aube, das sigi normal, seit dr Herr Strahlemann, will si ds Wasser us dr Aare hole, u die sig ja nid richtig suber, drum verschlammi dr Chüelwasserkreislauf ou gäng wider. Richtig filtere chönn me das nie, das sigi vill zvill Wasser wo si da bruche. Drum heige si sech dra gwöhnt, dass gäng mau wider öppis verschlammi, u si müessi usefinde, wo‘s verstopft sig. Drum hei si bim loufende AKW eso Plastikchugle in sekundäre Chüelkreislauf gheit, zum luege wo düre die schwümme, u wo öppis nümm stimmi. Am Schluss chöme die Chugle de eifach unde wider use. Drum hei si bim Uslauf gäge d Aare es Netz ufgspannt, so wie bim Minigolf, das me die Chugle wider cha usefische.

Eh ja, itz hei si im Januar di ersti Chugle losglah, u di isch eifach irgendwo im AKW verschwunde. De hei si no eini, u no eini, u no meh vo dene Chugle i Chüelkreislauf glaa, u di si alli verschwunde, nid en einzigi isch unde bim Uslauf ar Aare usecho. De hei si gfunde, und ich zitiere dr Herr Strahlemann: „iz stimmt aber würkli öppis nümme", u hei bschlosse, ds AKW innert zwöi Täg abzschalte, zum Nacheluege. I dene vier Täg, wos stillgstande isch, hei si alles usenand gnoh. Si hei müesse defäkti Mässgrät ersetze, e defäkti Pumpi ersetze, hei diversi Dichtige ersetzt, wo eso grob kaputt si gis, dass die Chugle überall düregflutscht si, nume nid dert düre, wo si hätte sölle. U äbe, die Chugle sälber het me de wider gfunde, usegfischt, u das AKW louft iz auso wider tipptopp! I bi ja froh, het d BKW derart kompetänti Fachlüt wie dr Herr Strahlemann!

Es isch sowieso erstunlich, dass das AKW no louft u nid scho lang a Alterschwächi gstorbe isch. Baut worde isch es ab 1969, in Betrieb sit 1972, u louft während 8'000 Stung pro Jahr. Itz stelled nech dä VW Chäfer vor, Baujahr 1969, uf dr Autobahn sit 1972, jedes Jahr während 8'000 Stunde Vollgas am Rase, u einisch pro Jahr im Service. Das cha nume guet cho!

Was mich iz, aus öpper wo scho es paar Mehrfamiliehüser baut het, bsunders fasziniert isch, wie ungloublich dünn dr Betondechel vom Reaktorgebäude Mühlebärg isch: 15 bis 30 cm! Hüt mues jedi Wohnzimmerdechi mindestens 20 cm ha. Di Dechi vom Reaktorgebäude gieng nid emal als Wohnzimmerdechi düre!

Itz weis me ja scho lang, dass Flugzügabstürz es Problem chönnte si. Spätischtens sit i de Sibezger Jahr mal es Flugzüg näbem Atomchraftwärk Beznau abgstürzt isch. Drum het me bschlosse, die Reaktorkupple vo de nöiere Atomchraftwärk Gösge u Leibstadt müesse mindestens anderthalb Meter armierte Beton ringsum ha, das es dr Ischlag vome langsam flügende mittlere Passagierflugzüg chönnt überstah. En Unfall, wies i dr Region ume Flughafe Chlote ume halt chönnti gäh. Aber au die anderthalb Meter Betondechi het nid, wenn es Passagierflugzüg schnäller als mit 300 Kilometer pro Stund derhär chunnt, oder statt 50 Tonne 500 Tonne schwär isch, oder wes en FA-18 Kampfjet wär.

Guet, zum Glück si d Flugzüg z Chlote. Z Bärn kennt me eso nöimödigs Züügs nid. Da isch no Ornig im „ancien régime“! Da länge ou no 15 Santimeter, we eigentlech scho 1,5 Meter zwenig si.

Was mich ds Erstunlichste dünkt: Di Norme, das es mindestens 1,5 Meter Beton müesse si, gälte sit über drissg Jahr! U nie isch es öpperem in Sinn cho, dass di Norme au für Mühlebärg chönnte gälte! Süsch, we d Vorschrifte ändere, gits immer e Übergangsfrist, u innert eim oder füf Jahr müesse alli Alage di nöie Norme erfülle. Bi re Heizig chunnt dr Fürigskontrolleur ids Hus, u we d Heizig dr nöie Norm nid entspricht, mues si saniert oder ersetzt wärde. Bi üsem VW Chäfer, wo sit 1972 Vollgas uf dr Autobahn blochet, gälte äbefalls di nöie Norme, süsch chunnt är bi dr Fahrzügkontrolle nümme düre u mues verschrottet wärde.

Dir gseht: Alli technische Alage müesse gäng em nöischte Stand vor Technik entspräche, süsch si si unsicher u müesse stillgleit wärde.  Nume nid ds AKW Mühleberg! Me cha sech das ganz eifach vorstelle: 20 cm Betondechi chöi e Flächelast vo 400 kg/m2 trage. Was für e Flächelast git es Passagierflugzüg, säge mer es Flugzüg vo damals, vo 1970, e Swissair Jumbo mit 400 Tonne Startgwicht, wo mit 300 oder 800 km/h i das Reaktorgebäude knallt? Gits denn ächt es Rissli i dr Dechi?
Oder isch dä Ischlag eso starch, dass ds Gebäude pulverisiert wird u nachher eifach nümme da steit?

D Betondechi vom AKW Mühlebärg isch eso dünn, das es scho ändi Achtzgerjahr vom Räge inegrünnt het. Wasser het ja nid eso lang zum 15 bis 30 cm ungschützte Beton z dürdringe, me kennt das ja vo Flachdächer oder Autobahnbrügge. Drum het me dä Beton vo Mühlebärg mit ere Plastikbeschichtig überzoge. Das het damals grad guet zur Anti-Aids-Kampagne passt: „Im Minimum e Gummi drum“. Aber ersch jetz gsehni, wi visionär di Gummibeschichtig vom AKW Mühlebärg isch: Chunnt da es Flugi derhär zflüge, knallts i dä Gummi ine, u spoing! spickts wider wägg! Graduus witer i d Staumuur vom Wohlesee. Oi, itz müesse mer di Staumuur o no gummiere!

Guet, itz blibt no d Frag, ob mer dr Atomstrom chöi ersetze. Es git ja di Choste deckendi Ispisevergüetig KEV. I ha hie di aktuelli Statistik: Di hüt scho freigähne KEV Projekt hei e Jahresproduktion vo 2,9 Terawattstunde, das ersetzt Mühlebärg! Uf dr Warteliste stöh Projekt mit 5,7 Terawattstunde, das ersetzt Beznau 1 und 2! Di drü alte Schrottreaktore Mühlebärg u Beznau 1 und 2 cha me problemlos ersetze.

Also: Mühlebärg u Beznau abschalte! Subito!

*Peter Stutz (1966), Geograf, Ethnologe, Raumplaner, Unternehmer, Mitglied Stadtrat Thun

 

In Standardsprache:
Wollen wir heute das AKW Mühleberg abstellen? Es stand ja Mitte Januar schon mal still. Leider wurde es nach vier Tagen wieder eingeschaltet.

Soeben wurde ich von einem Mitarbeiter des AKW Mühleberg aufgehalten. Ihr erkennt ihn sofort: Er hat dieses Strahlen übers ganze Gesicht, der Herr Strahlemann. Er sagte mir, bei einem Notfall müssten wir uns keine Sorgen machen, die BKW habe alles im Griff. Es gäbe da einen todsicheren Zweistufenplan: In einem ersten Schritt würde er vom Betriebsleiter zum GAU-Leiter befördert – und der zweite Schritt erübrige sich dann ja.

Der Herr Strahlemann ist glücklich, er hat alle seine Kügeli wieder gefunden. Sein AKW ist nämlich Mitte Januar erkrankt. Und wie jede gute Mutter, die etwas von Homöopathie versteht, gaben ihm die Ingenieure der BKW einfach Kügeli. Das ist Standard bei kranken AKW: Kügeli geben.

Das Unglaubliche ist: Das ist eine wahre Geschichte!! Mitte Januar verlor das AKW Mühleberg plötzlich Wasser, der Wirkungsgrad brach so stark zusammen, dass nachgeschaut werden musste, was da los sei. Es gebe immer wieder solche Probleme, das sei normal, beruhigte Herr Strahlemann, weil sie das Wasser aus der Aare nähmen und diese sei ja nicht so richtig sauber. Deshalb verschlamme der Kühlwasserkreislauf immer wieder. Richtig filtrieren könne man das nicht, dazu sei es viel zu viel Wasser, das sie da brauchten. Deshalb hätten sie sich daran gewöhnt, dass da immer wieder etwas verschlamme und sie herausfinden müssten, was verstopft sei. Und deshalb hätten sie beim laufenden AKW Plastikkugeln in den sekundären Wasserkreislauf geworfen, um sehen zu können, wo die durchschwimmen und wo etwas nicht stimme. Am Schluss würden die Kugeln einfach unten in der Aare wieder rauskommen. Deshalb würden sie unten, beim Auslauf gegen die Aare zu, ein Netz aufspannen, wie beim Minigolf, damit man die Kugeln wieder herausfischen könne.

Ach ja, im Januar haben sie die erste Kugel losgelassen und die ist einfach irgendwo im AKW verschwunden. Dann liessen sie noch eine, und noch eine, und noch mehrere dieser Kugeln in den Kühlkreislauf und alle verschwanden. Keine einzige kam beim Auslauf in die Aare wieder heraus. Dann fanden sie, und ich zitiere hier den Herrn Strahlemann: „Itz stimmt aber würkli öppis nümme!“ („Jetzt stimmt aber wirklich etwas nicht mehr“). Jetzt wurde beschlossen, das AKW innert zweier Tage abzuschalten, um Nachschau zu halten. In den vier Tagen, während derer es stillgelegt war, nahmen sie alles auseinander. Sie mussten defekte Messgeräte ersetzen, eine defekte Pumpe ersetzen und diverse Dichtungen ersetzen, die so kaputt waren, dass die Kugel überall durchflutschten. Nur nicht dort, wo sie sollten. Und eben: So fand man alle Kugeln wieder, hat sie rausgefischt und das AKW läuft jetzt wieder tipptopp. Ich bin froh, dass die BKW derart kompetente Fachleute hat wie den Herrn Strahlemann!

Es ist sowieso erstaunlich, dass dieses AKW noch läuft und nicht schon lange an Altersschwäche gestorben ist. Gebaut wurde es 1969, in Betrieb seit 1972 und läuft während 8‘000 Stunden pro Jahr. Jetzt stellt euch mal einen VW-Käfer vor, Baujahr 1969, auf der Autobahn seit 1972, jährlich 8‘000 Stunden mit Vollgas am Rasen und einmal pro Jahr im Service! Das kann ja nur gut gehen…

Was mich als einer, der auch schon ein paar Mehrfamilienhäuser gebaut hat, besonders fasziniert, ist der dünne Betondeckel des Reaktorgebäudes Mühleberg: 15 bis 30 cm. Jede Wohnzimmerdecke muss mindestens 20 cm dick sein. Die Decke des Reaktorgebäudes ginge nicht einmal als Wohnzimmerdecke durch!

Man weiss ja schon lange, dass Flugzeugabstürze ein Problem sein können. Spätestens, seit in den Siebzigerjahren mal ein Flugzeug neben dem Atomkraftwerk Beznau abgestürzt ist. Deshalb wurde beschlossen, dass die Reaktorkuppeln der neuen Atomkraftwerke Leibstadt und Gösgen mindestens anderthalb Meter armierten Beton aufweisen müssen, damit sie dem Aufprall eines langsam fliegenden, mittleren Passagierflugzeuges standhalten. Ein Unfall, den es in der Region um den Flughafen Kloten geben könnte. Aber auch diese anderthalb Meter Betondecke hält nicht stand, wenn ein Passagierflugzeug schneller als mit 300 km/h daher kommt oder wenn es ein FA-18-Kampfjet wäre.

Gut, zum Glück gibt es diese Flugzeuge in Kloten. In Bern kennt man dieses neumodische Zeugs nicht. Da ist noch Ordnung im „ancien régime“! Da reichen auch 15 cm, wo eigentlich 1,5 Meter zu wenig wäre.

Was mich das Erstaunlichste dünkt: Die Norm, es müssten 30 cm sein, gilt seit über 30 Jahren! Und nie kam es jemandem in den Sinn, dass diese Normen auch für Mühleberg gelten könnten! Wenn sonst die Vorschriften ändern, gibt es immer eine Übergangsfrist und innert einem oder fünf Jahren müssen die Anlagen die neuen Normen erfüllen. Bei einer Heizung kommt der Feuerkontrolleur ins Haus und wenn die Heizung den neuen Normen nicht entspricht, muss sie saniert oder ersetzt werden. Bei unserem VW-Käfer, der seit 1972 Vollgas über die Autobahn rast, gelten ebenfalls die neuen Normen, sonst kommt er bei der Fahrzeugkontrolle nicht mehr durch und muss verschrottet werden.

Ihr seht: Jede technische Anlage muss stets dem neusten Stand der Technik entsprechen, sonst ist sie unsicher und  muss stillgelegt werden. Nur nicht das AKW Mühleberg! Man kann sich das ganz einfach vorstellen: 20 cm Betondeckel können eine Flächenlast von 400 kg/m2  tragen. Welche Flächenlast ergibt ein Passagierflugzeug, sagen wir mal ein Flugzeug von anno dazumal, von 1970, ein Swissair Jumbo von 400 Tonnen Startgewicht, das mit 300 oder 800 km/h in das Reaktorgebäude knallt? Gibt das wohl einen kleinen Riss in die Decke? Oder ist der Aufprall so stark, dass das Gebäude pulverisiert wird und nachher einfach nicht mehr da steht?

Die Betondecke im AKW Mühleberg ist so dünn, dass schon Ende der Achtzigerjahre der Regen durchdrang. Wasser braucht ja nicht lange, um 15 bis 30 cm ungeschützten Beton zu durchdringen, man kennt das ja von Flachdächern oder Autobahnbrücken. Deshalb wurde der Beton in Mühleberg mit einer Plastikbeschichtung überzogen. Das passte damals gut zur Anti-Aids-Kampagne: „Im Minimum einen Gummi drum!“ Ich merke erst jetzt, wie visionär die Gummibeschichtung beim AKW Mühleberg ist: Knallt ein Flugzeug in diese Gummibeschichtung: Poing! Spickt es wieder weg! Direkt in die Staumauer des Wohlensees. Oh je, jetzt muss diese Staumauer auch noch gummiert werden!

Gut, bleibt die Frage, ob wir den Atomstrom ersetzen können. Es gibt ja diese „Kostendeckende Einspeisevergütung KEV“. Ich habe hier die aktuelle Statistik: Die heute schon freigegebenen KEV-Projekte haben eine Jahresproduktion von 2,9 Terawattstunden, das ersetzt Mühleberg! Auf der Warteliste stehen Projekte mit 5,7 Terawattstunden, das ersetzt Beznau 1 und 2! Die drei alten Schrottreaktoren Mühleberg und Beznau 1 und 2 kann man problemlos ersetzen.

Also: Mühleberg und Beznau abschalten! Subito!

MURPHY’S LAW

  • Things are more complex 
    than they seem to be.
  • Things take longer 
    than expected.
  • Things cost more 
    than expected
  • If something can go wrong 
    it will.

Corollary:

  •  Murphy was an optimist.

Murphy’s* Law (Original):

„If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.“ (Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und eine davon in einer Katastrophe endet oder sonst wie unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht, dann wird es jemand genauso machen.)

Oder kurz:
„Whatever can go wrong, will go wrong.” (Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.)

*Edward A. Murphy, jr., US-amerikanischer Ingenieur (wikipedia)

Ohne Sonne kein Rheinfall

Von MARTIN VOSSELER*

Der Rheinfall – immer wieder überwältigt diese Naturkraft, die da hinabdonnert, angetrieben von der Sonne.

Die Sonne – unser Wärme, Licht, Leben spendendes Gestirn. Was für ein Wunder! Eine Gaskugel von 1,4 Millionen Kilometer Durchmesser (etwa 3,6-mal die Entfernung Erde – Mond). Sie ist 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Ein Flugzeug mit einer Geschwindigkeit von 1‘000 km/h müsste also 17 Jahre ununterbrochen fliegen, bis es diese Distanz zurückgelegt hat.

Sonnenenergie entsteht durch Kernfusion. Dabei wird im Zentrum des Himmelskörpers Wasserstoff in Helium umgewandelt – laut Einstein 564 Millionen Tonnen Wasserstoff in 560 Millionen Tonnen Helium und 4 Millionen Tonnen Materie in Energie. Die Temperatur im Sonneninnern beträgt etwa 14 Millionen Grad Celsius. Nach aussen fällt sie bis auf 5‘000 – 6‘000 Grad ab. Die im Zentrum der Sonne durch Kernfusion freigesetzte Energie benötigt rund zehn Millionen Jahre, um die Sonnenoberfläche zu erreichen. Sie bewegt sich auf zufallsbedingte Art und Weise nur Zentimeter um Zentimeter vorwärts. In acht Minuten erreicht das Sonnenlicht die Erde.

In 40 Minuten sendet die Sonne die Energie auf die Erde, die dem gesamten jährlichen Weltenergieverbrauch entspricht. Für uns wird sie in Form von Licht sichtbar und als Wärme spürbar, die Quelle allen Lebens auf unserem Planeten.

Die Sonne ist nicht „unsterblich“. Ihre Lebensdauer wird rund 10 Milliarden Jahre betragen. Bei einem geschätzten derzeitigen Alter von 4,5 Milliarden Jahren ist sie gleichsam in ihrer Halbzeit angelangt. Gegen Ende ihrer Existenz wird sie sich ausdehnen, zu einer so genannten „roten Riesin“ werden, 50-mal grösser, 300-mal heller als heute. Die Oberflächentemperatur wird auf etwa die Hälfte absinken. Wenn sie ausgebrannt ist, wird sie sich zusammenziehen, ihre Helligkeit verlieren und zu einem jener Phantomsterne werden von denen das Universum voll ist. Wir haben noch Zeit, viel Zeit.

Ohne Sonne kein Rheinfall, ohne Sonne kein Rhein, kein Wasser, kein Baum, keine Blume, kein Tier, kein Mensch. Ohne Sonne läge die Temperatur auf der Erde bei etwa minus 240 Grad. Ohne Sonne gäbe es nichts zu essen, nichts zu trinken. Wir könnten uns nicht bewegen, nichts machen, nicht denken, nichts, nichts, nichts. Ohne Sonne nichts. Wie nennen wir doch immer wieder diese Hauptenergie, die unerschöpfliche Energie unseres Hauptgestirns? „Alternativenergie“ – ich zucke jedes Mal zusammen, wenn ich dieses Wort höre. Alternativ – in Bezug worauf? Auf die so genannten „konventionellen“ Energieträger – Öl, Gas, Kohle, Uran? Gemessen an der solaren Hauptenergie ist der Anteil dieser Brennstoffe verschwindend klein. Und mit diesem verschwindend kleinen Teil vergiften wir unsere dünne Troposphäre, sind drauf und dran, unseren Planeten für unsere Spezies unbewohnbar zu machen. Alternativ. (Aus dem Buch von Martin Vosseler, „Der Sonne entgegen“, emu-Verlags-GmbH, Lahnstein 2010, S. 27)

*Martin Vosseler, Arzt und Umweltaktivist, versucht mit seiner Lebensweise und seinen Aktivitäten einen Beitrag zur Energiewende zu leisten

Pedro Lenz: Die Mühleberg-Rede

Gehalten anlässlich der Grossdemonstration am 11. März 2012 vor dem AKW Mühleberg


Liebi Aawäsendi, liebi Demonstrantinnen und Demonstrante,

es isch e Fröid, e Riisefröid, mou, es isch e Riesefröid, dass es öich aui und dass es mi säuber überhoupt no git!

Es isch wohr, es isch nid säubschtverständlech, drum sägenis doch:
Es isch e grossi Fröid, dass es di Matte no git, dass es di Landschaft no git, dass es d Gmeind Mühlebärg no git, dass es d Stadt Bärn no git, dass es d Stadt Nöieburg no git.

Das isch e Riesefröid, wöu, wenns do mou gchlepft hätt, vor 30 oder 20 oder 10 oder vor emne haube Johr oder geschter, wenn di Chischte do mou nümm unger Kontroue wär gsi, de gubs das aues nümm, de gubs üs äuä nümm, de gubs di Matte nümm, de gubs di Dörfer nümm, de gubs Bärn nümm, de gubs Nöieburg nümm, de gubs di chliine Ching nümm, de gubs di Erwachsnige nümm, de gubs di Auten und Chranke nümm, de gubs d Chäuber und d Guschti nümm, de gubs nume no ne gottvergässeni, himutruurig verstrahleti, uf ewigi Zyte vergifteti und versoueti und unbewohnbari Wüeschti. Drum sägen is jo grad: i ha ne Riesefröid, dass es di Chischte bis jetze, no nid het verjättet!
Aber mir sötte ds Glück äuä besser nümm z lang usefordere.

Vor no nid so langem, het mer eine z Oute, dört wo ni i wohne, gseit: «Los mou Lenz, du chasch scho schnore, gägen Atomstrom und gäge d Energielobby, schnoren isch gratis, dumm schnore chasch immer; aber he, dänk doch mou, das si grossi Stüürzahler, das si wichtigi Arbeitgäber, mir bruche die scho nume drum aus Stüürzahler und aus Arbeitgäber.»

Das stimmt möglecherwiis, aber uf deren Äbeni, diskutiere mer nume no hütt und hie, hani zu däm Outner gseit, uf deren Äbeni diskutiere mir beide nume no drum, wöu mer zuefäuig no chöi, wöu mer zuefäuig no am Läbe si, wöu mer zuefäuig amnen Ort läbe, wos bis hüt zuefäuig, no ke Reakter het verjaggt; aber a däm Tag, wos hie sone Reakter lüpft, diskutiere mir zwe nümm über Stürzahler, wöu a däm Tag, wos hie sone Reakter verjaggt, aui Stüüriinahme vor Wäut nüt meh drann ändere, das mir und üsi Wäut für immer verstrahlet und kabutt und vergiftet und versouet isch.

Und di radioaktive Strahle, hani mim Bekannte z Oute gseit, di Strahlen ungerscheide de nid zwüsche gueten und schlächte Stüürzahler, zwüsche Linggen und Rächte, zwüschen Auten und Junge, zwüschen Armen und Riiche, zwüsche Frommen und Atheischte, zwüschen Sans Papier und Schwizerinne, nei, di Strahle si tipptopp neutrau, di si hundertprozänt neutrau, di si neutraler aus di ganzi Schwizer Neutralitätspolitik.

Es isch leider wohr, di Strahlen nähmen aues, di vergiften aues, di töden aues, ohni Ungerscheidig vo gueten und schlächte Stüürzahler. Drum isch der Kampf gägen AKW jo ou nid e Kampf wo men eifach einzu cha füehre, me cha sech nid privat usklinken und nächär dänke, wenn jede für sich luegi, de sig de zletscht für aui gluegt. Das Problem löst me nid mit Säubschtverantwortig alei, däm Problem müesse mer mit kollektiver Verantwortig begägne, do bruchts kollektivi Aktione, kollektivi Empörig, kollektiven Ufstand, kollektive Muet, kollektivi Überzügige.

Im Kampf gägen AKW isch erscht denn für aui gluegt, wenn der letscht Reakter abegfahren isch worde, wenn ds letschte Fass mit radioaktivem Abfau, entsorget isch worde, ou wenn bis hütt niemer weiss, wi men öppis söu entsorge, wo men eigetlech gar nid cha entsorge, aber dasch es angers Thema.

Und do möchti gschwing, e Chlammeren ufmache:

Vor nes paar Wuche bin i zure Füerig iiglade gsi dür d Sondermüll-Deponie z Köllike. Dört het me zwüsche 1978 und 1985, hetmen auso chli meh aus 7 Johr lang, giftigen Abfau verlochet, Abfau, wo niemer het wöuen entsorge, nei, nid Atomabfau, nume ganz normale Sondermüll. Nume 7 Johr lang het me di Gruebe dört z Köllike hingen überhoupt brucht, aber scho hütt cha niemer me genau säge, wo dass weles Fass liggt und wo dass wenn und wie, wele Abfau isch verlochet worde. Hütt müesse Lüt i luftdichte und explosionssichere Maschine Schuflen um Schufle vo däm Dräck usenäh und i ds Labor bringen und ungersueche.

Und we mer jetz bedänke, dass Atomabfau nid 7 Johr und nid 8 Johr und nid 9 Johr und nid 10 und nid 11 und nid 20 Johr und ou nid nume 100 Johr radioaktiv blibt, sondern söfu mängs Johr, wi mir üs das mit üser ganze Vorschtelligschraft gar nid chöi vorstöue, de git eim das scho z dänke. Momou, de gits eim z dänke, dass d Fachlüt z Köllike scho hütt trotz aune Plän und Lischte, wo si sinerzyt gmacht hei, nümm rächt wüsse, was si i dere Gruebe zwüsche 1978 und 1985 wo und wie verlochet hei.

Was i wott säge, dä Kampf gäge ne Technik, wo d Wäut iren Art bedroht, wo mir üs mit üsne Mönschechöpf gar nid im ganzen Usmass chöi vorschtöue, dä Kampf, das isch e Kampf wo aui aageit, es isch e gsöuschaftleche Kampf.

Mir aui si Teil vor e Gsöuschaft und es geit ire Gsöuschaft, weme würklech e Gsöuschaft wott si und nid eifach numen e Gruppe vo Gsundbätter, oder e Huufe vo Egoischte, vo Abzocker, vo Individualischte, vo Bande vo Zyniker, Säubschtverwürklecher und Säubschtsüchtige, sondern e richtigi Gsöuschaft, wemen auso e richtigi Gsöuschaft wott si, de geits ou um Aawäseheit, ums Use- go, usen uf d Stross, usen uf d Plätz, usen i d Öffentlechkeit, use zu den angere Mönsche, use go luege, was i däm Quartier, was i deren Ortschaft, was uf dere Wäut so los isch, so wi diir zum Bischpüu, wo hütt nid i nes Bahnhof-Shopping und nid i nes Wellnes-Bad und nid i ne Gourmet-Tämpu sit gfahre, sondern do häre sit cho.

Demonschtriere isch nid ds Gliiche wi fernsehluegen oder Sushi ässe oder twittere oder 20-Minute läse oder Play-Station spiele, demonschtriere isch e Form vo Aateilnahm. I wott wüsse, was i mire Stross geit, was i mim Quartier geit, was i mire Stadt oder i mim Dorf geit, was i mim Land und was i mire Wäut geit.

Deheimen am Fernseh passiert nüt, nüt wo üs aus Mönsche betrifft, deheimen am Fernseh entscheide nid mir, was mit üs passiert, deheimen am Fernseh wärde mer für dumm verchouft, wärde mer iiglullet, wärde mer stüu ghaute, wärde mer aus Mönsche nid ärnscht gnoh, aber dusse, dussen ir Öffetlechkeit, dusse simer e Gsöuschaft, deheime simer numen Einzumaske, wo statistisch usgwärtet wärde, wo sech über d Fernsehwärbig für dumm löh lo verchoufe.

Und wemer d Wäut nume no vom Fernseh, nume no vo de Gratiszytige kenne, nume grad vom Facebook kenne, numen indiräkt kenne,  de meinemer uf ds Mou säuber no, mir gsähche nid guet gnueg us für di Wäut, mir heige zvüu Fauten im Gsicht, mir heige zweni grossi Brüscht und zweni blondi Hoor und zweni Musklen am Buuch, und wäge däm wird de zum Bischpüuu d Scheidig vomne Fotomodäu oder der Rücktritt vomne Show-Moderator oder dr Unfau vomne Prinz wo mir gar nid persönlech kenne, wo mir no nie gseh hei, wo mir nie wärde kennelehre und ou nid möchte kennelehre, wärden auso di frömden Ereignis wichtiger und bedüttender aus, sägemer einisch, d Grippe vo mim Nochber oder der Chräbs vo mire Arbetskollegin oder an Atomkatatrophe z Japan oder d Rissen im Chärnmantu vom AKW Mühlebärg.

Wöu mer mängisch nümme gschpüre, wär mir si und was üses Läbesumfäud isch, meinemer plötzlech säuber no, so nes dekadänts Grossereignis wi ne Promi-Scheidig irgendwo z Amerika, wo aui Medie wuchelang bsetzt, sig wichtiger und bedüttender aus üses eigete Läbe, aus üsi eigeti Zuekunft, aus üsi eigeti Umgäbig.

Und mir näme di Nachrichte, di People-Party-Porno-Popstar-Prinze-Nachrichte, Tag für Tag gedankelos uf, wi unsichtbars Gift wo ir Luft ligt, mir läsen und lose und luege wär Mister so und so isch worde, wär Miss so und so isch worde, wär weles Chleidli treit, wär weles Handtäschli treit, wär weli Frisur und weles Tatoo und wär weli Liebi wächslet, bis mer nis dra gwöhnt hei, bis mers fasch normau finge, bis mer säuber meine mir müesi üsi Chöpf bruche, zum über Söttigs nochedänke.

Und irgendeinisch meine mer, das sig normau, es sig normau, aus sig normau und gliich wichtig, es sig glich wichtig, ob der Messi es Gou schiesst, oder ob ds AKW-Mühlebärg aut und läbesgfährlech isch, mir fö aa meine, es sig genau gliich wichtig, ob der Prinz vo so und so verliebt sig oder ob das AKW Mühlebärg ändlech abgschtöut wärdi, sig genau gliich wichtig oder unwichtig, aber es isch nid so.

Mir löh nis lo ablänke bis mer meine, es sig normau, dass d Wäut äbe nid gerächt isch und nie gerächt isch gsi und das töu haut vilecht Glück hei und angeri hei ender Päch. Mir löh nis lo ablänke bis mer meine, das sig normau, es sig normau dass es denn z Tschernobyl zur Katastrophen isch cho, und dass es denn z Fukushima zur Katastrophen isch cho und dass me eifach wartet und hoffet z Mühlebärg passieri no grad nüt Schlimms. Mir löh nis lo ablänke bis mer meine, es sig normau, dass d Wäut nie gerächt isch gsi und das töu Lüt haut vilecht Glück hei und angeri hei ender Päch. Und zur Not, chame jo Lotto spiele oder «Wer wird Millionär» oder bire Casting Show vote und no chli witer hoffe.

Das mitem lo Ablänke vo den Ablänkigsmedie, das isch e chli ähnlech, wi bir Atomdiskussion, wo d Atomlobby immer chli uf Zyt spüut, immer chli hoffet, dass die, wo sech wehre, dass die, wo für nen angeri Wäut kämpfe, irgendeinisch müed wärde, und irgendeinisch muetlos wärde, und irgendeinisch nümm möge, und irgendeinisch stüu wärde, irgendeinisch resigniere und nümme witer stürme und sich lö lo beruhige wöu si ihri Jod-Tablettli im Badzimmerschrank ufbewahre.

Vor bau 26 Johr hets z Tschernobyl sone Reakter verjaggt, das Gebiet strahlet no gäng, strahlet no länger, aus mir üs überhoupt chöi vorschtöue. Di wo dört ufgrumet hei, di wo dört ir Nöchi gläbt hei, di hei Leukämie, und Schüuddrüesechräbs und Missbüudige und Chopfweh, das Gebiet, das isch für immer unbewohnbar und ou lang, lang bevor das Unglück passiert isch hets Lüt gha, wo sech gwehrt hei, wo gseit und gschribe hei, so ne gfährlechi Energie, en Energie, wo so gfährlech isch, wo vom Abbou, bis zur Ändlagerig so ne grosse Huufen unglösti, unlösbari Problem macht, so ne Energie wöu me nümme.

Aber die wo dran verdiene, die wo schnäu und guet verdiene, die hei eifach ghüeschtlet und hei eifach gwartet, eifach uf Zyt gschpüut, gwartet, gwartet bis mer müed wärde, bis mer säuber z Gfüeu überchöme, mir heige jetz lang gnueg gliiret und lang gnueg dergäge gkämpft, eifach warte tüesi, warte, warte, bis das wo isch, ds Abnormale, eim normau vorchunnt, bis aui di Risike und aui di Abfäu, wo ewig strahle, eim normau vorchöme und das wo müesst si, das wo nach Vernunft und Logik, normau müesst si, dr sofortig und dringend Atomuusstig, eim aus abnormau, utopisch und wäutfrömd verchouft wird.

Und vor emne Johr, wos grad wieder so ne Reakter het verblose, oder ender es paar Reakter, mir wüsse bis hütt nid genau, was dört no aues chochet, was dörte no aues cha afoo brönne z Japan, wo übrigens jetzt scho fasch nümmen im Fernseh chunnt, wöu d Langzytfouge vo somnen Atomunfau si, vom Publikumsinträsse här, i Gottsname nid so attraktiv wi nes Heimat-Kitsch-Musical-Event, en Atomunfau isch haut vom Glamourfaktor här weniger sexy aus «Sex in the City» aber item, jetz, wos einisch meh e Riesekatastrophe het gä, jetz warte si eifach wieder, warte si mit abschtöue. Si warte no grad, bis mers vergässe hei, bismer müed si vom stürme, bis d Akzeptanz wider stigt, bis mer wieder a d Sicherheit gloube, a di Sprüch, vom Räschtrisiko, vor Stromlücke, vom Wouhstang. Und de chame wieder aafoh wi wenn nüt wär gsi, eifach nüt dergliche tue und säge, ir Schwiz sig aus angers, ir Schwiz sig aus sicherer.

Und vilecht gloubemers zletscht säuber, wöu mer jo scho ir Schueu hei glehrt,
dass d Schwiz immer chli bessser,
dass d Schwiz immer chli präziser,
dass d Schwiz immer chli flissiger,
dass d Schwiz immer chli süberer,
dass d Schwiz immer chli schlöier,
dass d Schwiz immer chli neutraler,
dass d Schwiz immer chli zueverlässiger,
dass d Schwiz immer chli korräkter,
dass d Schwiz immer chli demokratischer,
dass d Schwiz immer chli tapferer,
dass d Schwiz immer chli ehrlecher,

immer chli, immer chli, immer chli,
immer d Schwiz, immer d Schwiz,
immer, immer, immer,
immer besser, immer schöner,
immer d Schwiz, immer d Schwiz.

Mir heis so mängisch ghört, bis es zinnerscht innen isch, bis mers gloubt hei und, zum Töu, hütt no gloube.

Aber ar radioaktive Strahlig isch das so öppis vo füdle gliich, ob si ir Schwiz strahlet oder ob si z Japan strahlet oder ob si ir Ukraine strahlet oder süsch irgend nöime, d Atomstrahlig kennt z Schengen-Ussegränze nid.

Mir wei nis nid dra gwöhne, nid a Reakterunfäu, wo Führwehrlüt oder Soudate oder Chrankeschwoschten für die müessen ufruume, wos aagrichtet hei, wo nume gierig si gsi und gseit hei, si heigen aus im Griff.

Warten isch nid immer dumm, warte cha mängisch ou guet si. Aber weme nume wartet, bis die wo öppis wei verändere i dere Gsöuschaft nümme möge und ufgää, de isches a üs, d Geduud nid z verlüre, d Hartnäckigkeit nid z verlüre, d Sturheit nid z verlüre, d Hoffnig nid z verlüre, witer z kämpfe,  witer z stürme, witer uf Misstäng ufmerksam z mache, und zwar nid nume so lang wi der erscht Schwung häre het, oder di erschti Betroffeheit, sondern so lang, bis öppis würklech veränderet isch, mir bruche Hartnäckigkeit, mir bruche Durchhautewüue, mir bruche Geduud und Ungeduud.

Liebe Aawäsendi,
i danke härzlech fürs Zuelose, i danke, für d Geduud, i ha Fröid, ha fescht Fröid, dass es das AKW no nid verjaggt het. Es wär e Fröid, wenns so würd bliibe, we me dohie, ou i 50 und hundert Johr, no cha zäme cho und öppis cha mache. Tüemers doch abschtöuen, tüemers doch zrüggboue, tüemer doch ds AKW Mühlebärg abefahren und abschtöuen und zrüggboue und der letscht wo use geit, söu bitte ds Liecht usschaute.


Pedro Lenz, Schriftsteller und Journalist, lebt in Olten

Sie haben versagt

Der folgende Text erschien vier Wochen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am  23.5.1986 als Inserat in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Er entstand in einem Freundeskreis von sieben Männern und Frauen. Als verantwortlich zeichnete Inge Aicher-Scholl, die Schwester von Hans und Sophie Scholl.

Was tun? H-Milch kaufen oder Büchsenmilch? Wir wissen es nicht.

Regenschirm oder Abduschen? Wir wissen es nicht.

Sind Kinder 23mal oder nur 17mal so gefährdet wie Erwachsene? Wir wissen es nicht.

Es geht um mehr als um Tiefkühlkost und um die Frage nach dem unbedenklichen Verzehr von Blattspinat in den richtigen Bundesländern. Unsere Politiker haben sich tot gestellt. Kein Ton von den Herren, die so gerne reden.

Als Lastwagenfahrer einst gegen schleppende Abfertigung an der Grenze protestierten, fuhr Herr Strauss1) ins Krisengebiet. In geländegängigem Fahrzeug. Wenn jetzt Frauen ihre Kinder nicht mehr auf den Spielplatz lassen können, wenn die Landwirte ihr Blattgemüse umpflügen müssen, wenn Menschen der Strahlengefahr direkt ausgeliefert sind, entfaltet sich administrative Funkstille. Der Staat ist untergetaucht. Warum?

Ruhe bewahren, nur keine Aufregung, Gras drüber wachsen lassen: Die Atompolitik darf nicht gefährdet werden.

Nur einer meldet sich zu Wort: Herr Zimmermann1). Er beschimpft die Russen, sie würden eine unmenschliche Informationspolitik betreiben, eine verantwortungslose, weil sie nichts anderes im Sinn hätten als Ruhe bewahren, nur keine Aufregung, Gras drüber wachsen lassen: Die Atompolitik darf nicht gefährdet werden. Der Kanzler gab aus dem fernen Osten Anweisungen. Die Behörden hielten Strahlenwerte geheim.

Heute sind 350 Kernreaktoren in rund dreissig Ländern in Betrieb. Zwei haben schrecklich versagt. Einer in Harrisburg, einer in Tschernobyl2).

Nun werden noch mehr Menschen an Krebs sterben. Das Erbgut vieler Menschen ist seitdem krankhaft verändert, ohne dass sie es wissen. Es wird noch mehr Sozialfälle und Krüppel geben. Die Schadstoffe werden in der Lebensmittelkette bleiben. Wir reichern uns an.

Versagen gehört zu unserer Welt. Es gibt keine absolute Sicherheit. Jede Technik hat Schwachstellen. Versagen ist menschlich. Mit Versagen nicht zu rechnen, ist verantwortungslos und unmenschlich. Die Atomwirtschaft setzt auf technische Wunderwerke, die nicht versagen. Aber sie haben versagt. Mag sein, die deutschen Atomkraftwerke sind doppelt so sicher wie die russischen. Dann passiert es in acht Jahren statt in vier. Und Brokdorf liegt nur 60 km von Hamburg, Wackersdorf nur 130 km von München, Biblis nur 50 von Frankfurt. Wer evakuiert die Hamburger wohin? Werden die Münchner nach Capri evakuiert? Die Frankfurter auf die Kanarischen Inseln? Jeder wird allein gelassen sein. Wie schon dieses Mal. Die Politiker werden wieder unfähig sein, etwas zu tun. Sie werden abwiegeln, beschwichtigen.

Nur keine Panik, sagen sie. Unsere Sorge sei verständlich, sagen sie, aber völlig überflüssig. Vor allem soll alles so weitergehen, sagen sie. Nur jetzt noch sicherer. Atomstrom schafft Arbeitsplätze, sagen sie. Beschwichtigung von Ignoranten. Sie sehen nichts, sie hören nichts, sie lernen nichts. Sie haben nur gelernt, wie man Wahlen gewinnt.

Was haben wir gelernt? Es reicht nicht, gegen das Informationschaos und den Beschwichtigungsnebel der Regierung zu protestieren. Es reicht nicht, mehr Schutz und Sicherheit zu fordern. Es reicht nicht, weil uns so eindrucksvoll wie noch nie bewiesen wurde, in welchem Ausmass die Politiker der Lage nicht gewachsen sind. (Dabei war Tschernobyl nur ein Unfall. Stellen wir uns vor, es explodieren Sprengköpfe.)

Auswandern? Emigrieren? Aber wohin? Jetzt werden wir nicht mehr sagen können, wir hätten nichts gewusst. Wir können nicht fliehen und emigrieren. Die Welt wird immer mehr zu unserem eigenen Gefängnis. Zum Gefängnis des atomaren Fortschritts. Wenn wir heute nichts dagegen unternehmen, werden sie sich Morgen bedanken für unser Stillhalten und unsere „Vernunft“. Jeder muss überlegen, was er tun kann. Jeder an seiner Stelle. Dieses Mal vergessen wir’s nicht.

(Aus Gudrun Pausewang: „Die Wolke“, Ravensburger-Verlag, S. 7, mit freundlicher Genehmigung des Verlags www.ravensburger.de)

1) damaliger Bundesminister

2) das war 1989, heute sind 438 Reaktoren in Betrieb. Übrigens ereignete sich am 10. Oktober 1957 ein erster, grosser Unfall in Windscale/Sellafield (GB), am 11. März 2011 kam Fukushima dazu. Am 25. Juni 2006 wurde im schwedischen AKW Forsmark durch das regelwidrige Eingreifen eines Technikers eine Kernschmelze verhindert!).

Umweltschutz - (k)ein Thema für Christen?

Dieser Artikel soll klar machen, dass und warum es wichtig ist, die Natur pfleglich zu behandeln - mit Beispielen, wo man ansetzen kann.

In den letzten Wochen und Monaten wurden wir wieder in aller Deutlichkeit auf aktuelle Umweltprobleme aufmerksam gemacht: Hochwasserkatastrophen, Wirbelstürme, sintflutartige Regenfälle ... Mehr und mehr Argumente sprechen dafür, dass diese Ereignisse nicht zufällig stattfinden, sondern in erheblichem Umfang von uns Menschen mit verursacht und ausgelöst werden. Doch was geht das uns Christen an? Umwelt- und Naturschutz - ist das nicht nur ein Thema für „Grüne Spinner“ und „Alternative“?

Ich denke nicht. Bewahrung der Schöpfung ist eine zentrale Aufgabe auch für uns Christen. Lassen Sie mich fragen: Nehmen wir als Christen den biblischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung ernst?

Für mich gibt es keinen Zweifel: Gott ist der Schöpfer des Himmels und der Erde (das bekenne ich regelmäßig im Glaubensbekenntnis), und damit ist es meine Verantwortung, mit dieser Erde, die nicht durch einen Urknall, sondern durch Gottes Schöpferhand entstanden ist, sorgsam und pfleglich umzugehen. Natürlich finden sich entsprechende Hinweise in der Bibel selbst:

Unsere Erde - Gottes gute Schöpfung

1 Mose 1,2-4a erzählt, wie Gott aus dem lebensfeindlichen Chaos in sieben Tagewerken ein geordnetes Ganzes herstellt. Er gibt der Welt eine zeitliche Ordnung; Sonne und Mond, Tag und Nacht erhalten ihren Platz, Tiere und Pflanzen ihre Lebensräume. Der Mensch aber ist Ebenbild Gottes. Er soll dafür Sorge tragen, dass die heilige Schöpfungsordnung Gottes bewahrt wird. Wichtig dabei auch am Ende jeden Schöpfungstages der Hinweis: „Und siehe, es war gut!“, am letzten Schöpfungstag sogar: „Es war sehr gut!“

In 1 Mose 2,4b-24 wird die Erschaffung des Menschen im Detail ausgeführt: Mitten in der lebensfeindlichen Wüste legt Gott einen Garten an. In diesen Garten setzt er Menschen und Tiere, die er aus Ton formt und denen er den Lebensatem einbläst. Ganz konkret erhält hier der Mensch die Verantwortung übertragen, diesen Garten „zu bebauen und zu bewahren“ (V 15).

Wir wissen, dass dieser Idealzustand nicht lange vorgehalten hat. Schon bald schickt Gott die große Flut als Folge der menschlichen Bosheit. Doch die Geschichte der Menschheit endet nicht mit der Vernichtung allen Lebens. Gott, der Liebhaber allen Lebens, schließt einen Bund mit Noah: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht!“ (1 Mose 8,22)

Die Beispiele, dass Gott das Leben und seine Schöpfung liebt, lassen sich in den Schriften des Alten Testamentes fortsetzen und finden ihre logische Fortführung im Neuen Testament. Als Jesus vierzig Tage in der Wüste fastet, kommen die wilden Tiere und dienen ihm (Mk 1,13). Mit dem Kommen Jesu wird der paradiesische „Urzustand“ wiederhergestellt; Jesus ist sozusagen der „neue Adam“. In ihm ist das Reich Gottes unter uns angebrochen. Es ist angebrochen - aber noch nicht vollendet. Daher sehnt sich die ganze Schöpfung danach, von den Leiden und Schwierigkeiten dieser Welt befreit zu werden (vgl. Röm 8,19-24) - denn hier auf dieser Erde werden wir das Paradies nicht mehr erleben.

Jeder engagierte Christ ein engagierter Umweltschützer?

Leider war und ist für viele Christen damit die Konsequenz verbunden, sich aus den Dingen „dieser Welt“ völlig zu verabschieden und nur auf das kommende Reich Gottes hin zu leben und zu arbeiten. Dabei hat sich am Auftrag Gottes, seine gute Schöpfung zu bewahren, bis heute nichts geändert. Aus diesem Grund müsste eigentlich jeder engagierte Christ auch ein engagierter Umweltschützer sein - und darin besteht heute mehr denn je unsere Aufgabe.

Zu biblischen Zeiten waren die menschlichen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Natur noch sehr beschränkt, die Konsequenzen noch überschaubar. Heute tragen die Abgase aus dem Straßenverkehr und den Heizungen unserer Häuser zum Treibhauseffekt bei und kein Wissenschaftler bestreitet mehr, dass es auf der Erde wärmer wird und dass klimabedingte Katastrophen zunehmen. Heute werden Flüsse begradigt, Regenwälder großflächig abgeholzt, Müllberge produziert. Rohstoffquellen, die in Jahrmillionen entstanden sind, werden mit einer Geschwindigkeit verbraucht, als gäbe es beliebig Nachschub.

Wer meint, dies alles bliebe ohne Folgen, der hat sich noch nie klar gemacht, wie kunstvoll und genial unser Schöpfer die Vorgänge der Natur miteinander verknüpft und voneinander abhängig gemacht hat. Unser Verhalten kann nicht ohne Auswirkungen bleiben; aber wir entscheiden, welcher Art diese Auswirkungen sind. Und letztlich wird unser Verhalten auch Einfluss darauf nehmen, wie die enormen technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit eingesetzt werden - ob zum Schaden oder zum Nutzen der Umwelt.

Konkret

Für mich als entschiedenen Christen heißt das aber für mein alltägliches Leben im Umgang mit den mir anvertrauten Dingen:

Ich gehe mit den Vorräten und Rohstoffen sorgsam und sparsam um und lebe nach der Überzeugung, dass wir nur so viel verbrauchen dürfen, wie erneuert und regeneriert werden kann. Wer braucht denn wirklich an Weihnachten Erdbeeren, die mit dem Flugzeug aus Südafrika eingeflogen werden müssen?

Mein Lebensstil zielt darauf, die fossilen Energieträger (Öl, Gas, Kohle), deren Verbrennung die klimaschädlichen Treibhausgase produziert, durch erneuerbare Energien wie Wind, Sonne (Solarenergie, Photovoltaik (1)), Erdwärme (Geothermie (2)) oder Biomasse (3) abzulösen. Außerdem halte ich es für wichtig, zur Bindung der Treibhausgase weltweite Aufforstungsprojekte zu unterstützen. Beim Einkauf achte ich auf Produkte aus der Region und kaufe keine Artikel, die schon eine Weltreise hinter sich haben – das spart Energie und unterstützt gleichzeitig die Landwirtschaft in meiner Umgebung.

Ich will damit nicht sagen: „Machen Sie alles ganz genau so wie ich!“ Bestimmt gibt es auch noch andere Ansatzpunkte und bestimmt ist nicht jedem alles möglich. Aber es ist mir ein Anliegen, dass Sie sich Gedanken machen und wie ich erste Schritte tun auf dem Weg, als Christ ganz bewusst mit den guten Gaben Gottes zu leben und zu handeln - in Verantwortung für seine Schöpfung und für die Menschen, die nach uns kommen.

Unsere Familie hat folgende konkreten Maßnahmen umgesetzt:
- Wärmedämmung von Dach und Fassade unseres Hauses (Ersparnis an Erdgas in den letzten zehn Jahren: 45 %)
- teilweise Erneuerung der Fenster (Wärmeschutzglas)
- Einbau von Energiesparlampen und energiesparenden Geräten
- Installation einer Solaranlage zur Warmwasserbereitung mit Anschluss von Wasch- und Spülmaschine (Stromersparnis: 50 %)
- Umstellung des Autos von Diesel auf Pflanzenöl
- das Auto mit einer befreundeten Familie teilen
- Einbau einer Photovoltaik1-Anlage (erzeugt fast unseren Jahresbedarf an Strom)
- Wechsel zu einem Anbieter von „Grünem Strom“ (4)
- Versuch, beim Einkauf möglichst auf regionale Produkte zu achten
- Vermeidung von aufwendig hergestellten Produkten (weniger Müll)
- Umstellung von weißem Papier auf Recyclingpapier
- aktive Beteiligung an Aufforstungsaktionen und Naturpflegemaßnahmen (Förderung von Vielfalt und Artenschutz

Was tun Sie für die Bewahrung der Schöpfung? Sind Sie in diesem Bereich bereits aktiv? Schreiben Sie uns! Redaktion come, Postfach 2889, D-58478 Lüdenscheid;

Anmerkungen


  1. Energiegewinnung aus Sonnenlicht.
  2. Energiegewinnung aus Wärmeströmen innerhalb des Erdkörpers.
  3. Lebendiges, also nachwachsendes Material. Beispiele für Energieträger auf der Basis von Biomasse: Pflanzenöl, Hackschnitzel, Holzpellets u. a.
  4. Strom, der garantiert aus erneuerbare Energiequellen (Wasser, Windkraft, Solarenergie, Biomasse) stammt.


Autor: Hans Köhler Datum: 28.04.2005 Quelle: come http://www.livenet.ch/themen/wissen/umwelt/120802-umweltschutz_kein_thema_fuer_christen.html

Wir brauchen keine Gaskraftwerke

Von RUDOLF RECHSTEINER*

Die Schweiz braucht keine Gaskraftwerke; erneuerbare Energien lösen das Problem. Mit 55 Prozent Wasserkraft starten wir auf hohem Niveau. Gute Netze und 75 grosse Stauseen sorgen auch im kältesten Winter für hohe Leistungsreserven und Versorgungssicherheit.

15‘000 Projekte stehen derzeit auf der Warteliste für Einspeisevergütungen des Bundes. Dass wir alle ein Solardach bestellen und von Atomkraftwerken unabhängig werden, davor haben Axpo und Alpic eine Heidenangst. Dabei wäre alles schon da: Dächer, Netzanschluss und Sonnenschein. Viele Kleinanlagen wären heute schon rentabel, wenn die Hausbesitzer bei Sonnenschein den Stromzähler rückwärts laufen lassen dürften. Aber nicht einmal dieser kleine, logische Schritt ist garantiert. Wer Strom einspeist, bekommt häufig 7 bis 10 Rappen vergütet, während der Verkaufspreis für den gleichen Strom am Tag bei 22 bis 25 Rappen liegt.

Solardächer könnten mehr Strom liefern als alle Wasserkraftwerke zusammen. Für die Versorgungssicherheit im Winter ist es aber nützlich, die jetzt projektierten Gleichstrom-Hochspannungsleitungen zwischen der Nordsee und Süddeutschland direkt in die Schweiz bis Gösgen, Leibstadt und über den Gotthard weiterzuführen. So werden die Stauseen geschont und auch im Winter gibt es genug Strom, denn dann hat der Wind in der Nordsee Hochsaison und drückt die Strompreise in den Keller.

Der Umstieg wird ein gutes Geschäft: Gebäudesanierungen, A-Klasse für alle Elektrogeräte, Plusenergie-Häuser, Ersatz alter Elektroheizungen, das bringt Aufträge und spart Strom und Geld. Was möglich ist, zeigt Bayern. Dort deckt der Solarstrom inzwischen acht Prozent des Verbrauchs, hundertmal mehr als vor zehn Jahren. In Deutschland gingen allein im letzten Dezember 3‘000 Megawatt Photovoltaik in Betrieb. Genug, um die Stromproduktion Mühlebergs zu ersetzen. Gebaut in wenigen Tagen, nicht in Jahren!

Solarenergie ist die mit Abstand grösste Energie-Ressource. Auf Schweizer Hausdächern könnte die Hälfte unseres Stromverbrauchs produziert werden. Klar, dass das nicht gratis zu haben ist, aber Gaskraftwerke oder neue Atomkraftwerke wären auch nicht gratis.

Wind und Sonne schicken uns keine Rechnungen, sie explodieren nicht und erzeugen weder CO2 noch radioaktive Abfälle. Für den Umstieg braucht es neue Nutzungszonen, bessere Bewilligungsverfahren und klare Fristen für die Ausserbetriebnahme der alten Risikotechnologien.  Im Ergebnis erhalten wir eine intelligente und kostengünstige Energieversorgung mit unerschöpflichen Primärenergien wie Sonne und Wind, mit neuen Regelsystemen, modernen Netzen und vielen neuen Wettbewerbern. (Aus einem Artikel in der bzBasel vom 18. April 2012)

*Dr. Rudolf Rechsteiner, alt Nationalrat, ehemaliger Präsident von NWA-Schweiz, ehemaliger Präsident der Energiegenossenschaft ADEV und profunder Kenner der Energieszene.

Wir haben kein Energieproblem, wir haben ein Egoismusproblem

Warum die Energiezukunft leichter wird, wenn man aufhört, sich gegen sie zu wehren.

Von PAUL DOMINIK HASLER

Wir brauchen wieder einmal ein paar von diesen Kraftwerken, sagen die grossen Stromproduzenten. Gas, Kohle, Kernkraft, oder etwas in der Richtung. Wir brauchen sie, damit wir weiterhin so leben können, wie wir es gewohnt sind. Und gewohnt sind wir diesen eher rücksichtslosen, nicht nachhaltigen und leicht unsozialen Lebensstil. Daran würden wir gerne festhalten.

Kaufen wir keine neuen Kraftwerke, droht angeblich eine so genannte Stromlücke. Wie sie genau aussieht kann zwar keiner sagen, denn gesehen hat eine Stromlücke noch niemand. So, wie auch noch niemand eine Schuhlücke, eine Zuckerlücke oder eine RAM-Lücke gesehen hat. Gerade letztere hätte es geben sollen, als es während Jahren zu wenig Speicherbausteine für Computer gab. Das ist lange her, aber eine Lücke gab es auch damals nicht. Die Bausteine waren einfach teurer.

Das ist wohl auch der Effekt, der ohne neue Kraftwerke zu erwarten ist. Strom gäbe es natürlich trotzdem. Und weil der Strommarkt europaweit zusammenhängt, würden alle mehr dafür bezahlen müssen, nicht nur wir Schweizer.

Wenn nun der Strom gesamthaft teurer würde, sagen wir einmal doppelt so teuer, so wäre das zwar schmerzlich. Aber würde nicht genau das eintreten, was wir seit Unzeiten einfordern? Es würde einen gewissen Effekt auf unseren Verbrauch haben. Wir würden sparsamere Geräte kaufen, über unsere Gewohnheiten nachdenken und unsere Kinder zum Ausknipsen ihrer Apparate ermuntern. Eigentlich ein positiver Effekt.

Aber auch ein zweiter Effekt wäre damit verbunden: Ein etwa doppelter Strompreis würde die Erzeugung von ökologischem Strom ermöglichen. Denn der, so sagen uns die Fachleute mit bedauernder Miene, sei zwar toll, aber zu teuer. Anders gesagt: Wir würden schon längst mehr Sonnenenergie oder Windstrom erzeugen, wenn nur der Strompreis etwas höher wäre. Also eine willkommene Entwicklung.

Wo ist der Haken? Es gibt keinen. Zwar würde die Wirtschaft einmal mehr die Leier von steigenden Produktionskosten, gefährdeten Arbeitsplätzen und Abwanderung ins Ausland drehen, aber von Gehalt ist das alles nicht. Der Kostenanteil des Stroms im gesamten Prozess ist bei fast allen Branchen vernachlässigbar. Sogar der Ölpreis konnte sich ohne solche Effekte verdoppeln, obwohl dieser einen wesentlich höheren Einfluss auf unsere Wirtschaft hat. Und da der Strompreis europaweit recht ähnlich ist, würde eine Verteuerung alle treffen.

Ist es wirklich so einfach? Ich befürchte ja. Unsere endlosen Technologiediskussionen sind eigentlich Preisdiskussionen und ein Kniefall vor dem Gott Egoismus. Wir wollen nicht mehr bezahlen für unsere Energie, weil wir egoistisch und eigensüchtig sind. Den höheren Preis sollen die kommenden Generationen zahlen. Sie, die unseren Atommüll bewachen und unsere Kraftwerksruinen entsorgen müssen. Aber auch sie, die mit dem von uns veränderten Klima grosse globale Probleme meistern müssen. Natürlich gibt das keiner zu. Es ist leichter, über Technik zu diskutieren als über Egoismus. (Aus der Zeitschrift „Zeitpunkt  Nr. 108“)

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beziehen Stellung zur Kernenergie

Unser Mitgefühl gilt den Opfern der Katastrophe in Japan, den Hinterbliebenen, den Verletzten, den Verstrahlten, den Vertriebenen, den Heimatlosen. Über sie sind gleich zwei Katastrophen hereingebrochen. Eine natürliche, der Tsunami und das Erdbeben, und eine kulturelle, der atomare Unfall.

Es erweist sich, dass Menschen nur Teil der Natur sind, nicht die Natur-Beherrscher. Es zeigt sich auch, dass die Menschen hochkomplexe und vielfältige Technologien entwickeln können, sie dann aber im Zweifelsfall nicht vollständig beherrschen.

  • Die katastrophalen Vorgänge um die japanischen Kernkraftwerke Fukushima machen deutlich, dass es beim Betrieb von Kernkraftwerken so etwas wie ein akzeptables Restrisiko nicht gibt. Auch wenn in Westeuropa Erdbeben in solcher Stärke, wie sie die Havarien in Fukushima auslösten, eher unwahrscheinlich sind, können die gleichen technischen Auslegungen zu den gleichen Katastrophen führen. Denn auch in Deutschland gab es Situationen, in denen Notkühlsysteme nicht sicher funktionierten.
  • Es ist bei deutschen Kernkraftwerken nicht ausgeschlossen, dass sie einem Flugzeugabsturz oder Terrorangriffen ausgesetzt sind. Die Auswirkungen solcher Vorfälle sind nicht kalkulierbar und nicht sicher beherrschbar.
  • Technische Defekte sind bei großen Industrieanlagen umso weniger auszuschließen, je komplexer sie sind. Die Kernkraftwerke gehören zu den komplexesten Industrieanlagen überhaupt. Die japanische Industriekultur ist mindestens so hochentwickelt wie die der Bundesrepublik Deutschland. Dass die Kernenergietechnik in der Bundesrepublik besser beherrschbar sei, ist eine Schutzbehauptung, die immer wieder von interessierter Seite wiederholt, aber deshalb nicht stimmiger wird. Das gleiche gilt auch für andere Länder mit Kernkraftwerken. Die lange Serie von Beinahe-Unfällen zuletzt in Krümmel, Tricastin oder Forsmark spricht für sich.
  • Bei Unfällen in kerntechnischen Anlagen, insbesondere bei einem Super-GAU mit Kernschmelze treten überall die gleichen Effekte auf wie in Japan. Die Umgebung wird radioaktiv verseucht, eine ungewisse Zahl toter und kranker Menschen sowie ungeheure materielle Schäden sind die Folge.
  • Die kaum seriös abschätzbaren Kosten einer Kernkraftwerkshavarie können eine Volkswirtschaft schwer schädigen, insbesondere dann, wenn ein Land so dicht besiedelt ist wie Deutschland. Dabei sind nicht monetarisierbare Kosten wie Tod, Leid, Trauer, Krankheit und – wie Tschernobyl gezeigt hat – eine Demoralisierung der Gesellschaft noch gar nicht berücksichtigt. Solche Ereignisse können Gesellschaften zerstören und machen zivilgesellschaftliche und demokratische Errungenschaften zu nichte.

Als Teil der Öffentlichkeit, als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern wir einen schnellen Ausstieg aus der Kernenergie und vermehrte Anstrengungen, das Problem der Entsorgung zu lösen. Nach der nun zweiten epochalen Katastrophe innerhalb eines Vierteljahrhunderts und angesichts des wachsenden Entsorgungsproblems ist die Kernenergie mit gesamtgesellschaftlich-verantwortbaren Argumenten nicht mehr zu rechtfertigen.

Ein schnelles Ende der Kernspaltungstechnologie bedeutet für die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Nationen eine überschaubare Aufgabe, obwohl der allgemein geforderte Umstieg auf erneuerbare Energien nicht leicht ist. Er ist aber schneller machbar, als es von interessierter Seite immer wieder behauptet wird. So hat allein Portugal innerhalb von fünf Jahren einen erneuerbaren Anteil von 45% an der Stromproduktion erreicht.

Nirgendwo ist der Ausstieg aus der Kernenergie soweit vorbereitet wie bei uns. Es kommt uns daher zu, praktische Lösungen für eine moderne, zukunftsfähige Energieversorgung zu entwickeln. Der Wissenschafts- und Technologiestandort Deutschland würde damit wieder an der Weltspitze stehen. Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind wir bereit, unseren Beitrag zu leisten um diese Aufgaben erfolgreich zu bewältigen.

Der Betrieb der Kernkraftwerke ist schnellstmöglich einzustellen und ordnungsgemäß und sicher zu beenden. Das Szenario hierfür muss politisch neu verhandelt werden. Das alte Szenario mit den rechtlich immer noch umstrittenen, aber als faktisch dargestellten Laufzeitverlängerungen ist nach den japanischen Ereignissen nicht mehr hinnehmbar. Wir fordern die Regierung und die Volksvertreterinnen und Volksvertreter auf, umgehend langfristig belastbare Entscheidungen für das schnelle Ende der Kernenergie zu treffen. Gegenüber partikulären, überwiegend wirtschaftlichen Interessen muss der Schutz der Bürgerinnen und Bürger absolute Priorität für staatliches Handeln haben.

(Unterzeichnet von 1‘305 Professorinnen, Professoren und Habilitierten, Deutschland 2011)

Zitate

Zitate, nicht nur aus dem Atombereich. Alle aus dem Zusammenhang gerissen, wie das bei Zitaten üblich ist. Nachdenklich stimmend für Menschen, die bereit sind nachzudenken…

„Die Katastrophe von Fukushima veränderte die Welt. Atomreaktoren schmolzen vor Live-Kameras, es wurde mehr als doppelt so viel radioaktives Material freigesetzt wie bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Der Unfall vertrieb 150‘000 Menschen aus ihren Wohnorten, er vergiftete Landschaften für Jahrhunderte und tötete Hunderttausende von Nutzzieren und liess Länder in aller Welt ihre Energiepolitik überdenken.“
(DER SPIEGEL 6/2015)

„Für die Umsetzung der Energiewende braucht es vor allem zwei Dinge: Wissen – und politischen Willen.“
(Anton Gunzinger in „Kraftwerk Schweiz“ 2015)

"Eine ganz banale Realität beweist, dass die gesamte Atomindustrie ein Fremdkörper ist, nicht nur im System der natürlichen, ökologischen Logik, sondern auch im System der Marktwirtschaft: Niemand auf dieser Erde versichert ein Atomkraftwerk gegen Schäden gegenüber Dritten. Gäbe es doch ein dazu bereites Versicherungsunternehmen, müssten die Betreiber eine Police bezahlen, die den Strom aus Kraftwerken unbezahlbar machen würde."
(Andreas Bangemann in „Humane Wirtschaft 03/2011“)

„Das Festhalten an den herkömmlichen KKW läuft auf eine unnötige und teure Strukturerhaltung hinaus. Kernkraftwerke sind Planwirtschaft pur.“
(ETH-Professor und Unternehmer Anton Gunzinger in seinem Buch Kraftwerk Schweiz“)

„Aus unserer Sicht kann es nicht schnell genug gehen mit dem Atomausstieg der Schweiz. Wir blicken mit Sorge über die Grenzen, vor allem wenn man das Alter und den Zustand der Schweizer Atomkraftwerke berücksichtigt.“
(Markus Wallner, Landeshauptmann von Vorarlberg, Mitglieder der ÖVP, in NZZ am Sonntag vom 22. Sept. 2013)

„Viele reden von der Energiewende, wollen sie aber eigentlich bremsen. Sie sagen, man solle „nicht den gleichen Fehler wie in Deutschland machen". Damit meinen sie, dass Deutschland nun zeitweise 40 Prozent Sonnenenergie im Netz hat. Was daran falsch sein soll, kann ich nicht nachvollziehen.“
(Eric Nussbaumer in der Nordwestschweiz vom 24. Mai 2014)

„Atomkraft ist weder eine saubere, noch eine nachhaltige Energie. Ihre Nutzung ist hochriskant und gefährdet die Umwelt auf Hunderttausende von Jahren hinaus. Atomkraft ist deshalb keine Option, sie ist nur eine Ablenkung von den wirklichen Lösungen.
(Greenpeace)

„Bei der Atomenergie gibt es nur zwei Gruppen von Leuten: Atomenergiegegner und Leute, die nicht genug nachgedacht haben.“ 
(Dennis L. Meadows, Wachstumsexperte Club of Rome)

„Am billigsten und umweltfreundlichsten ist die Energie, die wir gar nicht erst verbrauchen.“ 
(Carlo Rubbia, Physik-Nobelpreisträger 1984)

“Alle wissen, dass es mit der Energievergeudung so nicht weitergehen kann.“
(Rick de Doncker, Leiter Energieforschungszentrum Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule)

„Optimisten sind Menschen, die ihre Fähigkeiten masslos überschätzen und ein absurdes Vertrauen in ihr Glück haben.“
(Adam Smith, 1723-1790, Begründer der klassischen Nationalökonomie)

„Dieser jämmerliche Zustand der Welt, er ist ein Beweis für die falsche Anwendung richtigen Wissens wie für die richtige Anwendung falschen Wissens. Trotz allen Wissens bereiten wir mit grosser Intelligenz den Untergang der Welt vor.“ 
(Werner Sprenger †, Schriftsteller und Meditationslehrer)

„Die meisten Politiker glauben, dass wir die Probleme lösen und gleichzeitig den Lebensstil der westlichen Welt aufrechterhalten können. Das ist reines Wunschdenken.“ 
(Dennis L.. Meadows, US-amerikanischer Ökonom)

“Gemäss Energiegesetz kann der Kostendeckel für die Photovoltaik erst angehoben werden, wenn diese Technologie günstiger ist und die Mehrkosten unter 50 Rappen pro Kilowattstunde sinken. Der Hungerleider wird also auf Diät gesetzt und die Ration erst erhöht, wenn er an Gewicht zugenommen hat.“ 
(Geni Hackmann, in „Zeitpunkt 97“)

„Neueste Daten zeigen, dass der Planet Erde von einem plötzlichen, unberechenbaren und unumkehrbaren Desaster bedroht ist. Es muss etwas passieren, um den Klimawandel zu stoppen. Die Möglichkeit ernster Konsequenzen steigt von Tag zu Tag.“ 
(Steven Chu, US-Energieminister und Nobelpreisträger für Physik)

„Die Welt ist krank und der Arzt hat frei.“
(Anonym)

„Die Behauptung, dass die bisherigen Forschungsergebnisse widersprüchlich seien, ist gezielt falsch. Diese Verfälschung wird von mediennahen Wissenschaftlern, Politikern und Medienvertretern systematisch öffentlich wiederholt, damit das Geschäft mit der Gewalt weitergehen kann.“ 
(Bernhard Hauser in WoZ vom 20.8.2009 im Zusammenhang mit Videospielen, gilt aber ebenso für den Bereich „Strahlenbiologie und AKW“)

„Jedenfalls steht das Risiko katastroophaler Unfälle in Kernkraftwerken in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen."

„Die Nukleartechnologie ist unser technologisches Vietnam.“
(Ralph Nader, politisch aktiver Verbraucherschutzanwalt, ehem. Präsidentschaftskandidat US)

„Es gibt einen einzigen politischen Entscheid, mit dem die Zerstörung des ganzen Landes bewusst in Kauf genommen wird, den Entscheid, Atomkraftwerke zu betreiben oder neu zu bauen.“ 
(Gerhard Meister, Schriftsteller)

„Jenseits einer kritischen Stufe des Energieverbrauchs, behaupte ich, müssen das politische System und der politische Kontext jeder Gesellschaft verkümmern. (…) Energieanwendung vergewaltigt die Gesellschaft, bevor sie die Natur zerstört.“ 
(Ivan Illich, Schriftsteller, Philosoph und Theologe, 1973)

„Der Konflikt, der sich bereits mit einiger Klarheit abzeichnet, wird sich abspielen zwischen den „Umkehrern“ und den „Durchbrechern“. Die Kennworte des Umkehrers sind: gewaltlos, pflegend, haushaltend, organisch, klein, Qualität, Ehrfurcht. Die Kennworte des Durchbrechers sind: forcierend, ausbeutend, verschwenderisch, mechanisch, gross, Quantität, Ehrgeiz.“ 
(E.F. Schumacher, Soziologe)

„Jede zusätzliche Strahlenbelastung addiert sich zur natürlichen Strahlenbelastung und erhöht somit das gesundheitliche Risiko.“ 
( Ärztinnen und Ärzte gegen AKW und Atomkrieg IPPNW)

„Wir empören uns über Terroristen und sind gleichzeitig im Begriff, zu Terroristen unserer Nachwelt zu werden – um des momentanen Vorteils zusätzlicher Energiegewinnung willen.“
(Kurt Marti, zum Thema Atommüll, 1975)

„Ich kenne keine menschliche Engineering-Errungenschaft, die jahraus, jahrein mit einer solchen Sicherheit funktioniert, dass ihr die Aufgabe der Atommülllagerung übergeben werden könnte. Aus diesem Grunde halte ich die Herstellung von Elektrizität mit Nuklearenergie für den schwersten Irrtum, den die Menschheit je gemacht hat. Wir können es uns nicht leisten, auch nur einen einzigen Fehler zu machen, denn jeder Fehler mit radioaktivem Abfall ist ein Fehler für immer. Es gibt kein Zurück mehr. Es gibt keine Möglichkeit, dieses Zeug zum Verschwinden zu bringen.“
(Professor J.W.Gofman am Symposium „Energie, Mensch, Umwelt“ im Gottlieb Duttweiler-Institut, Rüschlikon 1972)

„Strom ist keine Energiequelle, sondern ein Energieträger, der nur lokal emissionsfrei ist und als Antriebsform nur dann Sinn macht, wenn er aus erneuerbaren Quellen stammt.“ 
(Wolfgang Warnecke, bei Shell zuständig für die Entwicklung neuer Treibstoffe)

„Wer angesichts einer Diskussion um die Endlichkeit fossiler Brennstoffe die Atomenergie wieder salonfähig machen will, wiederholt die energiepolitischen Fehler vergangener Jahrzehnte.“
(Christoph Kähler, Landesbischof Thüringen, 2006)

„Das bequeme Leben in der Konsumgesellschaft führt zur Zerstörung der Welt.“ 
(John Berger, englischer Schriftsteller) 

„Auch dann, wenn es keine Geigerzähler mehr geben wird, werden die Deponien des Atommülls fortfahren zu strahlen.“ 
(Erwin Chargaff, österreichisch-amerikanischer Biochemiker und Schriftsteller)

„Heute pusten wir weltweit neun Milliarden Tonnen Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre. Knapp die Hälfte davon bleibt dort, den Rest nehmen der Ozean und die Landökosysteme auf. 800 Milliarden Tonnen sind schon in der Luft. Wir haben diese Menge in den letzten Jahrzehnten um 100 Milliarden Tonnen erhöht. Da gibt es weder Zweifel noch Unschärfe.“
(Professor Christian Körner, Biologe, Mitglied des Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC, des Weltklimarates der UNO)

„Es besteht kein Zweifel daran, dass das radioaktive Material, das Atomkraftwerke ausstossen, der menschlichen Rasse Schaden zufügen und vermehrt Geburten von Kindern mit schweren körperlichen und geistigen Schäden verursachen wird.“
(Linus Pauling, 1901 – 1994, Nobelpreise 1954 für Medizin und 1962 für Frieden)

„Wer hat es denn erlaubt? Wer ist denn befugt, es zu erlauben?“ 
(Albert Schweizer auf die Frage nach der Festsetzung erlaubter Grenzwerte für die Strahlenbelastung)

„Keine Anlage zur Herstellung von Kernbrennstoffen, keine Wiederaufarbeitungsanlage und kein Lagergebiet für radioaktive Abfälle dürfen sich irgendwo auf der Welt im Bereich von Aufruhr oder Guerillatätigkeiten befinden. Revolution noch Krieg – nicht einmal konventionelle – dürfen sich dort ereignen. (…) Fälle von höherer Gewalt müssen ausgeschlossen sein.“
(Hannes Alfvén, 1908 – 1995, Nobelpreis für Physik 1970)

„Ich bin nicht dafür, dass elektrische Energie auf solch hirnverbrannter Basis erzeugt wird.“
(Robert Robinson, 1886 – 1975, Nobelpreis für Chemie 1947)

„Die Zukunft des atomar-fossilen Zeitalters liegt – besser früher als später – im Technikmuseum.“
(Hermann Scheer, Träger des alternativen Nobelpreises, DIE ZEIT  vom 29. Juli 2004)

„Möglichen Schaden für kommende Generationen nicht in Betracht zu ziehen, ist eine perverse Denkweise. Kernwaffen und Kernenergie – beide sollten ausserhalb des Gesetzes gestellt und geächtet werden“
(US-Admiral Rickover, †1986)

„Im Kampf ums Klima ist Atomkraft eine verlockende Alternative. Aber die Gegenargumente wiegen schwerer.“
(Anne Lund, Schöpferin des Anti-Atomkraft-Symbols mit der lachenden Sonne. www.smilingsun.org)

„Warum muss die Stromversorgung überhaupt sicher sein, wenn es unser Finanzsystem nicht ist?  Warum setzen sich diejenigen Kreise, die kein sicheres Finanzsystem, kein sicheres Sozialsystem und keine sichere Entsorgung von Atomabfällen anstreben, derart für eine sichere Landesverteidigung und eine sichere Stromversorgung ein?“ 
(Ruedi Widmer in WOZ Nr. 48 vom 2. Dezember 2010)

„Die Menschen der Zukunft als Betroffene unseres Handelns, werden über uns urteilen. Ihr Schicksal und ihr Urteil sollten uns nicht gleichgültig sein.“
(Peter Weish, Physiker und Biologe)

„Das Argument, dass in den nächsten 20 Jahren der Energieverbrauch in der Schweiz um 2% pro Jahr ansteigen wird und wir deshalb neue AKW brauchen, lasse ich nicht gelten. Wir können mit der heutigen Technologie den Energieverbrauch in den nächsten 20 Jahren um 2% pro Jahr senken – ohne Komforteinbussen. Dann brauchten wir auch keine AKW mehr, hätten aber mehr Arbeitsplätze in der Schweiz und ein unabhängigeres Land.“
(Bertrand Piccard in der NZZ am Sonntag vom 9. Januar 2011)

„Wir haben genug Energie, sind aber zu faul, sie einzusammeln. Dies das Fazit eines Ingenieurs und nicht eines Philosophen. Die Sonne ist da, die Technologie ist da und die verfügbaren Mengen reichen für einen modernen Lebensstil. Einzige Voraussetzung: Es sollte uns etwas kosten dürfen, die Geräte effizienter zu machen und die Freiheit zurück zu erlangen. Die damit verbundenen Ausgaben sind aber überschaubar und haben einen riesigen Vorteil: Sie fliessen in unsere eigene Wirtschaft und nicht in den Nahen Osten. Eine Art Konjunkturprogramm also. Na dann los! 
(Paul Dominik Hasler in „Zeitpunkt 111“)

„Die Tugenden der Genügsamkeit müssen wieder die ihnen zukommende Beachtung erfahren. Masslosigkeit und Gier sind auf Dauer kein Leitwert für eine stabile, überlebensfähige Gesellschaft.“
(E. U. von Weizsäcker im Buch „Faktor fünf“, Droemer Verlag 2010)

„Ich nenne nur einen Grund, der für mich als Kernphysiker ein absolutes Nein zur Kernenergie bedeutet: Wir Menschen sollten nie und nimmer Technologien entwickeln, die bei einem maximalen Störfall zu einem Schaden führen, der nicht mehr von uns verantwortbar ist. Und diese Forderung muss gelten, ganz gleich, welche Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt eines solchen Störfalls ausgerechnet worden sind.“
(Prof. Hans-Peter Dürr, langjähriger Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in München, in seinem Buch „Warum es ums Ganze geht“, oekom verlag münchen 2009, S. 155) 

„Ein Unfall in einem Schweizer AKW und seine Folgen, das kann man sich nicht vorstellen. – Stimmt, also versuchen wir es“.
(Theater Marie)

„Wenn man mit den Falschaussagen der Atomwirtschaft heizen könnte, wären die Kernkraftwerke schon vom Netz.“
(Roger Willemsen, Schriftsteller und Fernsehmoderator)

„Wenn man so viel Aufwand in die erneuerbaren Energien steckte, wie man immer noch in die Atomenergie steckt, dann wären wir einer intelligenten, umwelt- und menschengerechten Energiepolitik einiges näher!“
(Inge Tschernitschegg)

„In bestimmten grosstechnischen Systemen sind katastrophenartige Unfälle mit unvorhersehbaren Folgen fast unvermeidbar.“
(Charles Perrow, Organisationsforscher und Buchautor, 1984)

„Nach Finanzkrise und Fukushima ahnen wir, dass unsere Wissensgesellschaft ein Kind ist, das mit Geräten spielt, von denen es nicht weiss, was geschieht, wenn sie kaputtgehen.“
(Jürgen Kaube, FAZ 28.4.2011)

„Ich stehe voll hinter dem Atomausstieg. Das ist das einzig Richtige. Denken Sie nur an die Endlagerproblematik.“
(Nick Hayek in der SonntagsZeitung vom 31. Juli 2011)

„Geordneter Ausstieg heisst Zeit schinden, weiterwursteln und auf eine Lösung hoffen, zu der einem heute noch der Mut fehlt.“
(Geni Hackmann in „Zeitpunkt 114/2011)

„Die angeblich neuen Reaktoren basieren auf alten Ideen, die niemand weiterverfolgt hat, weil es zu gefährlich oder nicht wirtschaftlich war.“
(Susan Boos, in der WoZ vom 8. September 2011)

„Ich glaube, dass die Umwelt in die gleiche Kategorie wie unsere nationale Sicherheit eingestuft werden sollte. Unsere Ressourcen zu verteidigen ist ebenso wichtig wie die Verteidigung im Ausland. Was gäbe es sonst zu verteidigen?“ (I think the environment should be put in the category of our national security. Defense of our resources is just as important as defense abroad. Otherwise what is there to defend?)
(Robert Redford, amerikanischer Schauspieler und Regisseur)

„Die Menschheit muss begreifen, dass es Zeit ist, aus dem Atomzeitalter auszusteigen. Sonst steuern wir auf einen kollektiven Selbstmord zu.“
(Swetlana Alexijewitsch, Schriftstellerin, 2011 im Buch „Tschernobyl für immer“ von Peter Jaeggi)

„Keine noch so weitgehende Minimierung des Risikos kann uns berechtigen, sukzessive ganze Regionen unseres Planeten in No-go-Areas oder in Todeszonen zu verwandeln.“
(Robert Spaemann, Philosoph und Theologe)

„Dieser kleine Planet ist uns zu treuen Händen übergeben; es gibt kein grösseres Verbrechen, als einen ganzen Lebensraum unbewohnbar zu machen.“
(Robert Spaemann, Philosoph und Theologe)

„Menschliches Handeln ist fehlerhaft und menschliches Ermessen lückenhaft. Technik als Werkzeug muss diesem Umstand entsprechen und darf Fehler nicht mit Katastrophen beantworten“. 
(Peter Weish)

„Aus humanökologischer Sicht leben wir derzeit in einer vorübergehenden Episode der zivilisatorischen Entwicklung, deren Merkmal eine hemmungslose Verschwendung erschöpflicher energetischer und mineralischer Ressourcen und Zerstörung biologischer aber auch kultureller Vielfalt ist.“ 
(Peter Weish)

„Die höchste Prüfung des menschlichen Gewissens ist vielleicht unsere Bereitschaft, heute etwas für die zukünftigen Generationen zu opfern, deren Dankesworte nicht zu hören sein werden.“  (The ultimate test of man’s conscience may be his willingness to sacrifice something today for future generations whose words of thanks will not be heard.)
(Gaylord Nelson (1916 – 2005), amerikanischer  Politiker und Mitbegründer des “Tags der Erde”)

„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“
(UNO-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1987)

"Wir wollen nicht in einer atomaren Katastrophe untergehen, wir wollen nicht, dass unsere Nachkommen uns verfluchen, weil wir dem atomaren Wahnsinn nicht Widerstand geleistet haben!"
(Prof. Karl Bechert, Atomphysiker, 1901-1981)

„Die Welt ist aus den Fugen“
(Angela Merkel, Bundeskanzlerin Deutschland)

„Bei der Vorstellung, dass wir Tokio evakuieren, dass etwa 30 Millionen Menschen in Sicherheit gebracht werden müssen, dass das ganze Land gelähmt sein würde, da ist mir klar geworden: Wir müssen raus aus der Atomkraft.“
(Naoto Kan, Ex-Premierminister Japan, in einem ARD-Interview am 23. Juli 2012)

„Der Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie verringert zwar das nationale Risiko einer radioaktiven Verseuchung. Deutlich geringer wäre die Gefährdung, wenn auch Deutschlands Nachbarn ihre Reaktoren abschalteten. […] Vor dem Hintergrund unserer Erkenntnisse sollte meiner Meinung nach auch ein international koordinierter Ausstieg aus der Kernenergie in Betracht gezogen werden.“
(Jos Lelieveld, Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz)