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Partnerwerke
Von „Partnerwerk“ spricht man dann, wenn zum Bau eines Atomkraftwerks eine spezielle Gesellschaft gegründet wird. Die einzelnen Partner können im Anteil ihrer Beteiligung Strom beziehen ohne dafür zu bezahlen, müssen aber die Betriebskosten im Verhältnis des Strombezuges unter sich aufteilen. Die Vorteile für die Teilhaber an Partnerwerken sind:
- Die Baukosten und das finanzielle Risiko (Gösgen, kostete Ende der Siebzigerjahre 2,1 Milliarden Franken, Leibstadt in den Achtzigerjahren 5,1 Milliarden) werden so auf verschiedene Gesellschaften aufgeteilt.
- Im Falle eine Katastrophe geht nur die Betriebsgesellschaft Konkurs, die einzelnen Gesellschafter werden nicht zur Kasse gebeten. Der Schaden, der in die Billionen Franken gehen kann, muss abgesehen von den durch die Haftpflicht gedeckten 1,8 Milliarden, von der Allgemeinheit, also vom Steuerzahler, getragen werden.
Das Atomkraftwerk Gösgen wird als Partnerwerk durch die „Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG“ betrieben. Die Teilhaber dieser Gesellschaft sind: Alpiq mit 40%, die Axpo mit 25%, die Stadt Zürich mit 15%, die CKW mit 12,5% und die Stadt Bern mit 7,5%.
Das Atomkraftwerk Leibstadt wird als Partnerwerk durch die „Kernkraftwerk Leibstadt AG“ betrieben. Die Teilhaber dieser Gesellschaft sind: AEW mit 5,4 %, Alpiq mit 32,4 %, Axpo mit 22,8 %, BKW mit 9,5 %, CKW mit 13,6 % und EGL mit 16,3 %.
Die in der Schweiz ursprünglich geplanten Atomkraftwerke hätten ebenfalls als Partnerwerke gebaut werden sollen. Als Teilhaber an den Bau- und Betriebsgesellschaften waren vorgesehen: Axpo und CKW mit zusammen 59%, Alpiq mit 25,5% und die BKW mit 15,5%, was dem Anteil der einzelnen Gesellschaften an der heutigen Atomstromproduktion entspricht.
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Atomkraftwerke Schweiz
Petkau-Effekt
„Lange ging man davon aus, dass niedrige Dosen [an Radioaktivität], über einen langen Zeitraum verabreicht, weniger gefährlich sind, als wenn dieselbe Dosis in kurzer Zeit absorbiert wird, weil die Zellkerne nicht beschädigt werden.
Der kanadische Wissenschaftler Abram Petkau machte jedoch 1972 eine überraschende Entdeckung. Er bestrahlte eine Zellmembran – die Hülle einer Zelle – mit 2,6 Gray pro Minute. Es brauchte 350 Gray, um die Membran zu zerstören. Er wiederholte das Experiment, verwendete aber nur 0,0001 Gray pro Minute. Bei dieser extrem niedrigen Dosis brauchte es nur 0,7 Gray, bis die Membran aufplatzte. Petkau wiederholte das Experiment und stellte fest: Je länger die Strahlung andauerte, desto geringer ist die Gesamtdosis, die es braucht, um die Membran zu brechen.“
(aus Ralph Graeub: „Der Petkau-Effekt, Zyttglogge-Verlag Bern, 1990)
Dass es bei der Wirkung von Radioaktivität auf lebende Zellen keinen unteren Grenzwert gibt (ein einziges ionisierendes Teilchen kann unter Umständen eine Zelle schädigen) ist anerkannt, aber die Existenz des Petkau-Effektes wird von der etablierten Wissenschaft bestritten. Beobachtungen im Umfeld der Atomkraftwerke lassen jedoch den Schluss zu, dass es ihn tatsächlich gibt. Diese Diskussion läuft unter dem Begriff „Dosis-Wirkungs-Beziehung.“ Die meisten Fachleute neigen mangels Datenmaterial zur Ansicht, dass ein linearer Zusammenhang bestehe, also: halb so grosse Dosis hat halb so grosse Wirkung. Der Petkau-Effekt legt aber nahe, dass schwache Dosen sogar eine überproportional grosse Wirkung haben. Es gibt auch die gegenteilige Auffassung: Unter einer gewissen Dosis ergäben sich nicht nur keine Schädigungen, sondern die Effekte seien sogar positiv!
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Radioaktivität (Wirkungen)
Plutonium
Plutonium (Symbol Pu, Ordnungszahl 94), ein Transuran, ist ein hochgiftiges, radioaktives Element. Es ist, wie alle Transurane, instabil und kommt natürlicherweise nur ganz selten, als Zerfallsprodukt von Uran, vor. In der Liste der Häufigkeit der Elemente ist Plutonium an fünftletzter Stelle. Auf 140 Milliarden Uranatome kommt ein Plutoniumatom. Mit der Dichte 19,816 ist es eines der schwersten Elemente. Als erstes Plutonium-Isotop wurde 1941 in Amerika Pu-238 künstlich hergestellt.
Das Plutonium-Isotop Pu-239 ist ein Alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 24'100 Jahren. Als Staub wird es in die Lunge aufgenommen, bestrahlt das Gewebe von innen und löst nach einiger Zeit Lungenkrebs aus.
Plutonium-239 entsteht künstlich aus Uran bei der Kernspaltung in Atomreaktoren und wird zur Herstellung von Atomwaffen verwendet. In der sogenannten Brutreaktion wird das spaltbare Plutonium aus nicht spaltbarem Uran „erbrütet“: Uran-238 fängt ein Neutron ein und wird dann zu Pu-239. Die Isotope Pu-239 und Pu-241 sind spaltbar.
Plutonium aus der Verschrottung von Atomwaffen oder aus der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente kann, zusammen mit Uran, in so genannte Mischoxid-Brennelemente (MOX-Brennelemente) eingearbeitet werden.
Makabrer Zufall: Das Element Plutonium ist eigentlich nach dem Planeten Pluto, aber gleichzeitig auch nach dem Gott der Unterwelt benannt und wurde in der auf Nagasaki abgeworfenen Atombombe eingesetzt.
Zivile Verwendung von waffenfähigem Plutonium
Die USA und Russland haben sich 2011 in einem Abkommen gegenseitig verpflichtet, ab 2018 je mindestens 34 Tonnen Plutonium aus abgewrackten Atomwaffen zu vernichten (genug Material für 17‘000 Bomben).
Die USA bauten zu diesem Zweck in der Nähe der Stadt Augusta (South Carolina), in einem militärischen Sperrgebiet des Energieministeriums (DOE), die Anlage Savannah River Site zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen und zur Herstellung von Atomwaffen.
Das Plutoniummischoxid (MOX) aus dieser Anlage wird anschliessend in kommerziellen Reaktoren für die Energieerzeugung eingesetzt. Auch Russland plant eine solche Anlage und will ausserdem einen Teil des Plutoniums direkt in so genannte Schnelle Brüter als Brennstoff einsetzen. 2014 soll eine Anlage, ein Reaktor vom Typ BN-800, zur Verfügung stehen.
“Die Gefahr, dass Plutonium abgezweigt und unterschlagen wird, wächst: 1994 hatten sich in Fernsteuerungskästen der japanischen MOX-Produktionsanlage Tokai jenseits aller Kontrollen 70 Kilogramm Plutonium angesammelt. Dasselbe Problem tauchte 2009 in der Anlage von Cadarache (Südfrankreich) auf, wo ebenfalls mehrere Dutzend Kilogramm Plutonium in den Kästen verblieben waren. Sämtliche weltweit in Abklingbecken gelagerte Brennelemente enthalten schätzungsweise 250 Tonnen Plutonium – das ist ebenso viel wie die militärischen Plutoniumvorräte auf dem ganzen Planeten, die ausreichen, um 50'000 Atomsprengköpfe zu bestücken. Ein Atomkraftwerk von 1'000 Megawatt produziert zwischen 230 und 260 Kilogramm Plutonium pro Jahr. Für eine Waffe reichen bereits 5 Kilogramm.“ (LE MONDE diplomatique, Dezember 2012)
Primärkreislauf
Siehe Kühlung
Proton
Siehe: Atombau
Pumpspeicherwerk
In einem Pumpspeicherwerk wird Wasser in einen Speichersee hochgepumpt und anschliessend zur Stromerzeugung benutzt. Gepumpt wird mit überschüssigem Atom-, Kohlen, Wind- oder Solarstrom. Atom- und Kohlenstromproduktion lassen sich nicht dem Verbrauch anpassen, sie bilden die so genannte permanent gleichbleibende Grundlast. Wind- und Solarstrom fallen nicht immer dann an, wenn sie gebraucht werden.
Um 1’500 kWh Elektrizität zu erzeugen, werden 2’000 kWh zum Hochpumpen des Wassers benötigt. In der Schweiz entspricht der Mehrverbrauch beim Pumpen ungefähr der Produktion des Atomkraftwerks Mühleberg. Mit Pumpspeicherbetrieb wird das Stromangebot also nicht erhöht, sondern vermindert.
Die Elektrowirtschaft spricht im Zusammenhang mit der Pumpspeicherung gerne von „Stromveredelung“. Strom kann aber gar nicht „veredelt“ werden: Strom ist Strom, egal aus welcher Quelle. Hier werden Geschäfte gemacht: Fünfeinhalb Millionen Franken verdiente die Elektrowirtschaft in den letzten Jahren auf diese Weise. Pro Tag.
Pumpspeicherwerke sind Strom-Waschanlagen. „Schmutziger“ Strom aus Atom- oder Kohleproduktion wird in „sauberen“ Ökostrom verwandelt!
In der Schweiz sind gegenwärtig zusätzlich zu den bestehenden drei weitere Pumpspeicherwerke in Planung: Nant de Drance im Wallis (ein 900 Megawatt-Projekt der Alpiq), Lago Bianco (1'000 Megawatt im Bündnerland) und das Projekt der BKW an der Grimsel (840 Megawatt). Auf den Bau des Grimselwerkes soll vorerst (2013) aus wirtschaftlichen Überlegungen verzichtet werden. Im Bau ist das Pumpspeicherwerk Linthal Limmern der Axpo, das in etwa die Leistung des Atomkraftwerks Leibstadt aufweisen wird.
Pumpspeicherwerke dienen der Erzeugung von (teurer) Spitzenenergie. Das zunehmende Angebot von Solar- und Windstrom schmälert aber die Ertragsbasis der Pumpspeicherwerke. Sie lassen sich in Zukunft wohl nicht mehr aus der Marge zwischen Pump- und Spitzenstrom finanzieren.
„Die Schweizer Pumpspeicherkraftwerke können im Vollausbau das Achtfache der Leistung des Atomkraftwerks Gösgen speichern. Dies ist aber aus europäischer Sicht wenig. Die Schweiz ist nur eine von mehreren Batterien in Europa“, sagte Swissgrid-Chef Pierre-Alain Graf der SonntagsZeitung.
Sinvoll. Es gibt aber auch Probleme:
- Pumpspeicherung vernichtet Strom.
- In jeder Kilowattstunde des Euromix-Stroms aus Atom- und Kohlekraftwerken stecken 500 Gramm CO2. Insgesamt gehen 1,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr auf das Konto der Pumpspeicherung. Das entspricht der Menge, die eine halbe Million Autos ausstossen.
- Die geplanten Speicherseen brauchen Platz. Häufig gehen ökologisch wertvolle Uferzonen oder Feuchtgebiete verloren.
- Pumpspeicherung heisst zu viel oder zu wenig Wasser für Flüsse und Bäche. Zu wenig, solange das Wasser in den Stauseen gespeichert wird. Zu viel, wenn die Turbinen laufen. Da kommt plötzlich vierzigmal mehr Wasser, das verkraftet ein natürliches Ökosystem nicht. (WWF Magazin 2/10)
Grafik: SonntagsZeitung
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Energieversorgung Schweiz