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Gammastrahlung

Im Jahre 1900 entdeckte Paul Ulrich Villard in der radioaktiven Strahlung eine Komponente, die sich nicht durch Magnetfelder ablenken liess. Weil bereits die Alpha- und die Betastrahlung bekannt waren, nannte man diese dritte Art Strahlung „Gammastrahlung“.

Bei der Gammastrahlung handelt es sich, im Gegensatz zur Öffnet internen Link im aktuellen FensterAlpha- und Betastrahlung, nicht um eine Teilchenstrahlung, sondern um elektromagnetische Wellen von sehr kurzer Wellenlänge (unter 0,5 nm). Gammastrahlen sind physikalisch mit Röntgen- oder Lichtstrahlen verwandt und haben eine grosse Durchdringungskraft. Sie lassen sich nur mit grossem Aufwand, meist mittels dicker Bleiplatten, abschirmen (mindestens 20 cm Blei oder 1 m Beton).

Gammastrahlen verursachen Schäden im menschlichen Körper. Sie beeinflussen die Zellteilung, was zu den Symptomen der Öffnet internen Link im aktuellen FensterStrahlenkrankheit führt oder zu genetischen Öffnet internen Link im aktuellen FensterSchäden die sich erst in nachkommenden Generationen manifestieren. Umgekehrt werden Gammastrahlen aber auch im Gesundheitswesen aktiv zur Tumorbekämpfung eingesetzt. Als Strahlenquelle dient dabei oft das radioaktive Kobalt-60 in so genannten Kobaltkanonen. Für diagnostische Zwecke werden auch Jod-, Xenon- oder Indium-Isotope als Strahlenquellen verwendet. Apparaturen, die mit Gammastrahlen arbeiten, können im Gegensatz zu gewöhnlichen Röntgen-Geräten, nicht abgestellt werden, weil die Strahlenquelle permanent aktiv ist. Das bedeutet, dass „Ein- /Ausschalten“ einfach „Öffnen/Schliessen“ eines Fensters in der Blei-Ummantelung heisst. Auch ein „unbenutztes“ Kobalt-Bestrahlungsgerät „läuft“, weil der Zerfall so oder so stattfindet.

In der Technik werden Gammastrahlen für Materialkontrollen eingesetzt. Einerseits für Füllstandsmessungen oder zur Kontrolle von Rohren und Kesseln auf Korrosionsschäden oder Schäden an Schweissnähten.

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Öffnet internen Link im aktuellen FensterRadioaktivität

GAU und Super-GAU

Der GAU

GAU ist die Abkürzung für grösster anzunehmender Unfall. Darunter versteht man einen Kernschmelzunfall, bei dem die Radioaktivität im Reaktorgebäude noch zurückgehalten werden kann. Atomkraftwerke müssen so gebaut sein, dass nach einem GAU keine Radioaktivität in die Umgebung gelangt. Geschieht die dennoch, wie in Tschernobyl oder Fukushima, spricht man von einem Super-GAU.

In der Geschichte der Atomenergie sind immer wieder Ereignisse eingetreten, an die vorher niemand gedacht hatte. So weiss man erst seit der Beinahe-Katastrophe von Three Mile Island (Zitat: „Wir hätten beinahe Chicago verloren!“), dass im Innern eines Reaktors infolge Überhitzung grosse Mengen Wasserstoffgas entstehen können. Ein weiteres Beispiel ist das Verhalten der Bedienungsmannschaft von Tschernobyl, das niemand vorhersehen konnte und das der Grund  für die Katastrophe war. 

Auch eine Automatisierung und Computerisierung der Steuerung bringt keine absolute Sicherheit: Der Bedienungsmannschaft in Forsmark (Schweden) war es strikte verboten, bei einer Havarie in den ersten dreissig Minuten ins Steuersystem einzugreifen; das System würde von sich aus die richtigen Entscheidungen treffen. Dass sämtliche Notstromdieselaggregate gleichzeitig ihren Dienst versagen könnten, war in der Systemprogrammierung nicht vorgesehen. Nur weil die Bedienungsmannschaft sich vorschriftswidrig verhielt und sich über die Weisung nicht einzugreifen hinweg setzte, konnte eine Kernschmelze, mit Auswirkungen wie in Tschernobyl, vermieden werden. 

Weder in Three Mile Island noch in Forsmark hat man herausgefunden, weshalb letzten Endes eine Katastrophe vermieden werden konnte. In Three Mile Island ist es rätselhaft geblieben, weshalb das im Reaktorinnern entstandene Knallgas nicht explodierte, in Forsmark weiss man nicht, wie es schliesslich gelang, zwei der vier Notstromdiesel doch noch in Gang zu setzen.

Atomkraftwerke erhalten nur dann eine Betriebsbewilligung, wenn glaubhaft dargelegt werden kann, dass auch im schlimmsten Fall keine Radioaktivität nach draussen gelangt. Erfahrungen der oben geschilderten Art haben es schon mehrfach nötig gemacht, die Bedingungen für eine Betriebsbewilligung zu ändern.

In Bezug auf die siebenstufige Störfallskala wäre schon ab Stufe 5 von einem Super-Gau zu reden, normalerweise wird dieser Ausdruck nur für die Stufen 6 und 7 gebraucht. Tschernobyl und Fukushima waren klar Störfälle der Stufe 7.

Das nichts sagende Kürzel GAU bezeichnet nicht den grösstmöglichen, sondern den von der Auslegung des Atomkraftwerkes her gerade noch beherrschbaren Unfall. Die Bezeichnung GAU meint also nicht das, was im schlimmsten Fall passieren könnte, sondern das, was man meint gerade noch beherrschen zu können.

Der Super-GAU

Als „Super-GAU“ wird ein Unfall bezeichnet, bei dem der Reaktor ausser Kontrolle gerät und schmilzt und ein Teil des radioaktiven Inhaltes in die Umgebung gelangt.

Tschernobyl war ein Super-GAU. Wobei es durchaus noch hätte schlimmer kommen können. Wenn es während des Unfalls geregnet hätte, wäre der grösste Teil der Radioaktivität auf die nähere Umgebung des Reaktors niedergegangen, mit Tausenden von sofort Toten. Oder wenn der Reaktorkern ins Grundwasser durchgeschmolzen wäre (dann hätte es eine zweite, fürchterliche Explosion gegeben). Oder wenn in diesem Fall, bei Kontakt der glühenden Reaktormasse mit Wasser die Kernspaltung wieder in Gang gekommen wäre.

Auswirkungen eines Super-GAU

Eine grosse Rolle spielen die äusseren Umstände: Wenn der Unfall mit einem Brand verbunden ist, wie z.B. in Tschernobyl, dann wird das radioaktive Material in grosse Höhe getragen und anschliessend über weite Gebiete verteilt.

Entscheidend ist die Windrichtung und ob es zur Zeit des Unfalls regnet. Ist Letzteres der Fall, geht ein Grossteil der Radioaktivität in unmittelbarere Nähe des Unglücksortes nieder. Gut für die Welt, schlecht für die Bevölkerung am Unfallort. Am schlimmsten für die unmittelbare Umgebung ist das folgende Szenario:  Kein Brand nach der Kernschmelze, in der Region starke Niederschläge und absolute Windstille. Da bleibt auch bei sofortiger Information der Bevölkerung keine Zeit zur Evakuierung. In Japan wehte der Wind in den ersten Tagen nach der Katastrophe Richtung Pazifik, sonst wären die Auswirkungen noch verheerender gewesen.

In vielen Ländern existieren Notfallpläne, sie sind geheim. An die Bevölkerung werden Jodtabletten abgegeben. Dort, wo sie schon verteilt sind, wie zum Beispiel im Umfeld des Atomkraftwerks Mühleberg, werden die Leute im Katastrophenfall aufgefordert, sie einzunehmen.

Bei einem Super-GAU muss evakuiert werden. Im Falle von Gösgen würde das möglicherweise Millionen von Menschen treffen, bei Westwind die ganze Ostschweiz. Wer entscheidet, ob und wann evakuiert wird, wer gibt die Befehle? Wann? Wie? Wohin?  Für viele wäre die Evakuierung eine Umsiedlung für lange Zeit oder für immer. Auch hier wieder: Wie? Wohin? Wer soll/muss die Leute aufnehmen? Und in welchem Zustand sind sie? Was passiert in den Spitälern? Wie würden kontaminierte Leute betreut und von wem? Dürfen sie die verseuchte Zone verlassen? Wer würde sie daran hindern, wenn sie es versuchten? Würden Polizei und Militär das Gebiet abriegeln und jede Flucht mit Gewalt verhindern? Davon, was im Katastrophenfall genau abläuft, hat niemand eine Ahnung.

Super-GAU in der Schweiz

Es gibt zwei Studien, die die Auswirkungen eines Super-GAU in der Schweiz aufzeigen. Die eine (Grosskatastrophe im Kleinstaat“) ist 1990 erschienen, die andere („Was passiert, wenn Fukushima in Mühleberg geschieht?“) wurde 2012 vom Öko-Institut Darmstadt erstellt.
Beide Studien kommen zum Schluss, dass es nach einem Super-GAU in der Schweiz das Land in der bisherigen Form nicht mehr gäbe. Hunderttausende von Menschen müssten umgesiedelt werden, Dörfer und Städte würden unbewohnbar, Industrieanlagen und landwirtschaftliche Nutzflächen gingen verloren, wichtige Teile des Strassen- und Eisenbahnnetzes wären nicht mehr benutzbar. Wie die Auswirkungen genau sind, kann niemand wissen, sie hängen davon ab, wo die Katastrophe passiert und was genau geschieht. Aber auch von den Windverhältnissen, den Witterungsbedingungen sowie vom Verhalten des Betriebspersonals, der Behörden und von demjenigen der Rettungskräfte.

Bei einem Unfall in Mühleberg müssten gemäss der Studie des Öko-Instituts Darmstadt bis zu 185'000 Menschen  von Mühleberg über Bern und Sursee bis zur Reuss ihre Häuser für immer verlassen. 10’000 Quadratkilometer Land wären kontaminiert, ein Viertel der Schweiz. Der Aufenthalt an den Ufern des Bielersees wäre für Jahrzehnte unmöglich, denn der See wäre stark radioaktiv verseucht. Die radioaktive Wolke würde sich so rasch ausbreiten, dass  die Leute kaum rechtzeitig evakuiert werden könnten. Die Bevölkerung der Stadt Bern wäre nach zwei Tagen dem Hundertfachen der normal zulässigen Strahlendosis von 1 Millisievert ausgesetzt.

Die Notfallpläne des Katastrophenschutzes halten dem Fukushima-Szenario nicht stand. Mit anderen Worten: Passiert Fukushima in Mühleberg, sind weite Teile der Schweiz zerstört und Gebiete bis nach Deutschland hinein beeinträchtigt: Bei einer Katastrophe im Sommer wäre die Ernte bis fast nach München hin verloren.

Die wichtigsten Resultate dieser Studie gibt es als Kurzfilm auf Youtube und auf
www.aefu.ch.

Eine Ahnung davon, was sich in dieser Situation abspielen könnte, geben das Jugendbuch „Die Wolke“ von Gudraun Pausewang und der darauf beruhende Spielfilm. Oder das Theaterstück „Die leuchten in der Stille“ von Gerhard Meister , in dem die Schweiz vierzig Jahre nach einem Super-GAU gezeigt wird. www.theatermarie.ch 
Weiter:

Fukushima in Mühleberg (Videoanimation) 

Schweizer Atomkraftwerke gefährden die Trinkwasserversorgung 

China Syndrom
Textdokumente Sicherheit

Gefahren der Atomenergie

Siehe Öffnet internen Link im aktuellen FensterRisiken der Atomenergie

Geigerzähler

Siehe Öffnet internen Link im aktuellen FensterRadioaktivität

Generator

Generatoren verwandeln Bewegungsenergie in Elektrizität. Ein sich drehender Elektromagnet, der Rotor, erzeugt in einer darum herum angeordneten festen Spule, dem Stator, einen elektrischen Strom. Dieses Verfahren zur Stromerzeugung heisst „Induktion“. Im Öffnet internen Link im aktuellen FensterAtomkraftwerk ist der Generator an eine Dampfturbine gekoppelt. Die Wärme aus dem Öffnet internen Link im aktuellen FensterKernspaltungsprozess im Öffnet internen Link im aktuellen FensterReaktor erzeugt den Dampf, der zum Betrieben der Turbine benötigt wird.

Der Generator ist Teil eines Energieumwandlungssystems: Der Reihe nach wird Wärme in Druck, Druck in  Bewegung und schliesslich Bewegung in Elektrizität umgewandelt. Der Generator ist somit das Endglied in einem vierstufigen Energieumwandlungsprozess:

Atomreaktor
(Wärme)

Dampferzeugung
(Druck)

Dampfturbine
(Bewegung)

Generator
(Elektrizität)

Umwandlungsprozesse sind immer mit Verlusten verbunden. Der Wirkungsgrad der Gesamtanlage Atomkraftwerk liegt bei höchstens 35 Prozent, das heisst, zwei Drittel der im Reaktor erzeugten Energie gehen ungenutzt verloren, das meiste durch die aus physikalischen Gründen notwendige Kühlung.

Genetische Schäden

Siehe Öffnet internen Link im aktuellen FensterRadioaktivität, Wirkungen

Geschichte Atomenergie Schweiz

Siehe Atomenergie Schweiz

Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst (GAK)

Als sich 1965 herausstellte, dass in Kaiseraugst ein Atomkraftwerk gebaut werden sollte, regte sich Widerstand in der Region Nordwestschweiz. Nicht zuletzt wegen der Nähe des Standortes zur Stadt Basel.

In den darauf folgenden Jahren wurden die Vorbereitungen für den Bau des Atomkraftwerks konkreter, gleichzeitig wuchs der Widerstand gegen das Werk. Im Dezember 1973 kam es zur Gründung der Gewaltfreien Aktion Kaiseraugst (GAK) und zu einer symbolischen Besetzung des Baugeländes.

Als Ende März 1975 die Bagger im Baugelände auffuhren und mit dem Aushub begannen, schlug die Stunde der GAK. Am Ostermontag, dem 31. März 1975 wurde in der ganzen Region zur gewaltfreien Besetzung des Baugeländes aufgerufen. Auf dem Gelände selber wurden einige Zelte aufgestellt, um am folgenden Morgen vor Ort zu sein, wenn die Bauarbeiter einträfen. Am 1. April 1975 wurden in aller Frühe die Baumaschinen bestiegen. Auf diese Weise konnte fürs Erste die Fortsetzung des Aushubs verhindert werden. 

Das war der Beginn einer langen Geschichte, die zuerst zu einer sechswöchigen Besetzung des Baugeländes, zu diversen Grossdemonstrationen (am 6. April 1975 mit 16'000 Leuten auf dem besetzten Gelände), am 12. Juni 1975 zum Abbruch der Besetzung, anschliessend zu Öffnet internen Link im aktuellen FensterExpertengesprächen mit dem Bund und schliesslich im Jahre 1989 zum definitiven Verzicht auf den Bau des Atomkraftwerks Kaiseraugst führte.

In den darauf folgenden Jahren wurde es stiller und stiller um das Thema Atom und damit auch um die GAK. Erst 2008 wurde dieses Thema mit der Einreichung von drei Rahmenbewilligungsgesuchen für neue Atomkraftwerke wieder aktuell. Als Folge davon ist die GAK als Gründungs-Mitglied der Allianz „Nein zu neuen AKW“, der Dachorganisation von über vierzig Anti-AKW- und Umwelt-Organisationen der Schweiz beigetreten. Die Organisationen der Allianz versuchen gemeinsam, den Bau weiterer Atomkraftwerke in der Schweiz zu verhindern und setzen sich für eine möglichst schnelle Stilllegung der bestehenden Werke, und damit für einen echten Ausstieg aus der Atomenergie, ein.

Seit Jahren gibt die GAK vierteljährlich in einer Auflage von 11’000 Exemplaren die Zeitschrift „EnergieExpress“ heraus (Probenummern und Abonnemente bei GAK, Nullenweg 31, CH-4144 Arlesheim)

Grundsatzerklärung der GAK vom 29. April 1975:

Immer mehr grundsätzliche Entscheide, welche unser Zusammenleben in der Gesellschaft betreffen, werden durch Interessengruppen gefällt, ohne dass die Bevölkerung angehört wird. Dieser Zustand ist besonders in Bezug auf den Bau von Atomkraftwerken unhaltbar. In Sorge um eine derartige Entwicklung, die der echten Demokratie zuwiderläuft, hat sich die Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst (GAK) gebildet. 

Die Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst ist eine parteipolitisch neutrale Bürgerinitiative, bestehend aus einer Kerngruppe und einem Netz von Ortsgruppen. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe der Bevölkerung und innerhalb der demokratischen Staatsform den gewaltfreien Kampf für einen Baustopp des Atomkraftwerks Kaiseraugst zu führen bis

  • eine verbindliche Gesamtenergiekonzeption unter Berücksichtigung der ökologischen Grenzwerte unseres Lebensraumes vorliegt
  • eine meteorologische Oberexpertise über die geplante Ballung von Atomkraftwerken in der Region Basel erstellt ist
  • ein Konzept für die definitive Endlagerung der schwach-, mittel- und hochradioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken und Aufbereitungsanlagen besteht und
  • ein demokratischer Volksentscheid der betroffenen Bevölkerung über Atomkraftwerke stattgefunden hat.

In einer späteren Version wurden auch die Forderungen

  • Einschränkung der Energieverschwendung und Entwicklung anderer Energieformen
  • Alternativen zum exponentiellen Wirtschaftswachstum

erhoben.

Literatur:

Atomenergie und gespaltene Gesellschaft 

Das Buch erzählt die Geschichte des gescheiterten Projektes Kernkraftwerk Kaiseraugst. Erstmals werden bislang unzugängliche Quellen der Kernkraftwerk Kaiseraugst AG und des Bundesamtes für Energie ausgewertet. 

Weiter:
Kaiseraugst – gelebte Demokratie
Kaiseraugst – strahlende Träume

Gofman und Tamplin, ein Forscherteam

John W. Gofman (1918 – 2007) war Professor für Molekular- und Zellbiologie an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Er untersuchte zusammen mit Arthur R. Tamplin die Wirkung ionisierender Strahlen aus Atomversuchen und Atomkraftwerken auf die Bevölkerung und veröffentlichte die Forschungsergebnisse 1970. Die beiden Forscher berechneten aufgrund der damals offiziell erlaubten Öffnet internen Link im aktuellen FensterStrahlendosis von 170 rem/Jahr die Anzahl der zu erwartenden Krankheits- und Todesfälle in der US-Bevölkerung. Ihre Berechnungen ergaben 16'000 bis 32'000 zusätzliche Krebsfälle und 150'000 bis 1'500'000 zusätzliche Tote durch genetisch bedingte Krankheiten. Sie forderten eine Herabsetzung der Limite auf 17 rem/Jahr. 

Gofman und Tamplin hatten Gelegenheit, im amerikanischen Kongress in verschiedenen Gremien Erklärungen abzugeben. Unter anderem machten sie auf den ihrer Meinung nach untolerierbaren Umstand aufmerksam, dass die für die Überwachung der Strahlungswerte zuständige Atomenergiekommission USAEC gleichzeitig den Auftrag hatte, die „friedliche“ Nutzung der Atomenergie zu fördern.

Gofman und Tamplin hatten ihre Forschungsarbeiten am Livermore National Laboratory im Auftrag der USAEC ausgeführt. Sie sollten die Gefahren der radioaktiven Freisetzungen für die Biosphäre und den Menschen untersuchen. Auf Grund ihrer Ergebnisse sahen sie sich anschliessend grossen Anfechtungen und Behinderungen in ihrer weiteren Tätigkeit als Forscher ausgesetzt, obgleich kein geringerer als Linus Pauling, Nobelpreisträger von 1954, ihre Forschungsergebnisse bestätigte. Um die angedrohte Streichung von Forschungsgeldern für das Livermore National Laboratory zu verhindern, verliess Gofman das Institut.

Aufgrund ihrer Forschungsarbeiten kamen Gofman und Tamplin zu folgendem Schluss: „Das Märchen von einer sicheren Strahlenfreisetzung ist nun endgültig zerstört. Jeder Beweis, den wir überprüft haben, führt zur Erkenntnis: Es gibt keine sichere Strahlenmenge. Wir haben die Absicht, die kritische Abschätzung der Sicherheit der Atomenergie so zu bearbeiten, dass sie von der Wissenschaft und von der Öffentlichkeit frei geprüft werden kann. Wir finden die Sorge, die Öffentlichkeit könnte dadurch ungebührlich oder allzu früh alarmiert werden, unberechtigt. Wenn unsere Erkenntnisse im Gegensatz zum bisher Bekannten stehen, so sollte die Öffentlichkeit zu recht beunruhigt sein.“

John W. Gofman war während des zweiten Weltkrieges am Manhattan-Projekt zum Bau der amerikanischen Atombombe beteiligt. Er entwickelte ein Verfahren zur Spaltung von Uran-233 und zur Abtrennung von Plutonium aus dem Spaltmaterial.

Weiter:
Radioaktivität (Strahlenarten, Messung, Grenzwerte)
Radioaktivität (Wirkungen)
de.wikipedia.org/wiki/John_Gofman

Gorleben, Endlagerstandort Deutschland

Gorleben in Niedersachsen ist seit Jahren für die Endlagerung von Atommüll vorgesehen. Ursprünglich war ein so genannter „Entsorgungspark“, eine Wiederaufarbeitungsanlage mit Endlager, geplant (siehe Atomsprache). 

Nachdem Deutschland seit 2005 auf die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen verzichtet und seit für Endlager ein Moratorium besteht, dient Gorleben als Zwischenlager. In einer Halle werden in Castorbehältern eingeschlossene, hochradioaktive Öffnet internen Link im aktuellen FensterAtomabfälle aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague (Frankreich) gelagert, bis sie sich von 400°C auf 200°C abgekühlt haben und dann in ein Endlager, sofern vorhanden,  eingebracht werden können.

Seit 1979 gibt es in Gorleben permanenten politischen Widerstand gegen die dortigen Atomanlagen. Am 3. Mai 1980 wurde symbolisch die Republik Freies Wendland ausgerufen und auf dem Gelände des vorgesehenen Endlagers ein Hüttendorf errichtet, das nach einem Monat von der Polizei geräumt wurde. 

Die Proteste dauern aber bis heute an. Insbesondere die jährlichen Castortransporte aus Frankreich geben immer wieder Anlass zu Demonstrationen und Blockierung der Schienenwege. Ein grosses Aufgebot an Ordnungskräften ist jeweils nötig, um den Schienenweg frei zu bekommen. 1997 standen sich dreissigtausend Polizisten und fünfzehn- bis zwanzigtausend Bürgerinnen und Bürger gegenüber. Dreihundert Demonstranten wurden bei den Auseinandersetzungen verletzt, dreissig davon schwer.

Auch in Gorleben ist, wie in Asse II, die Lagerung in einem ehemaligen Salzbergwerk vorgesehen. 1983 hat die Regierung Kohl ein Gutachten abändern lassen, das für ein Endlager Gorleben gewisse Sicherheitsmängel auflistete. 2009 erklärte Bundesminister Sigmar Gabriel das Endlager Gorleben für „tot“. Die Atomindustrie ihrerseits ist der Meinung, in wissenschaftlicher Hinsicht gäbe es keine Zweifel an der Eignung von Gorleben als Standort für ein Endlager. 

Die gegenwärtige Bundesregierung (2010) beabsichtigt, die Untersuchungen für ein Endlager wieder aufzunehmen.

Weiter:
Textdokumente Sicherheit
de.wikipedia.org/wiki/Gorleben

Gösgen-Hearing


Foto: Greenpeace

Das Atomkraftwerk Gösgen erhielt 1978 vom Bund die Inbetriebnahmebewilligung. „Im vorliegenden Fall stehen sich das öffentliche Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Schonung der natürlichen Umwelt auf der einen Seite und die Bedenken wegen der aus einer Verzögerung der Betriebsaufnahme entstehenden Kosten andererseits gegenüber“, schrieb der Bundesrat und entschied sich für das Wirtschaftlichkeitsargument. An anderer Stelle schrieb er: „Die für die Sicherheit solcher Anlagen in der Schweiz verantwortlichen Behörden haben nie ein Hehl daraus gemacht, dass sich nicht alle Gefahren restlos ausschalten lassen. Es ist deshalb nicht Mangel an Verantwortungsbewusstsein, wenn die rechtsanwendenden Behörden „Restrisiken“ für Kernkraftwerke hinnehmen“.

Am 30. Oktober 1979 nahm Gösgen den kommerziellen Betrieb auf. Die Rechtsschriften der AKW-Opposition waren inzwischen so professionell, dass das zuständige Justiz- und Polizeidepartement ins Schwitzen geriet und schliesslich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in ein kontradiktorisches Expertengespräch einwilligte, allerdings unter der Bedingung, dass die Gespräche hinter verschlossenen Türen stattfinden. 
Einiges gelangte gleichwohl nach aussen:

  • selbst AKW-freundliche Experten verlangten, dass die Abgabegrenzwerte für radioaktive Gase auf einen Fünftel der vorgesehenen (und bewilligten) Menge gesenkt würden
  • das AKW Gösgen ist gegen Flugzeugabstürze bis 370 km/h gesichert. Die kritischen Experten verlangten Vollschutz. Die KKW Gösgen AG beruhigte die Bevölkerung. Weltweit seien „nur bei wenigen Anlagen Flugzeugabsturz-Sicherungsnassnahmen in dem Masse zu finden, wie sie in Gösgen realisiert wurden“.
  • Kritiker und Befürworter waren sich einig, dass ein schwerer Kernschmelzunfall nie mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne und dass bei Westwind die ganze Ostschweiz evakuiert werden müsste und dauerhaft unbewohnbar bliebe.
  • Bauteile, die aus Sicherheitsgründen mehrfach vorhanden sind, dürften nicht baugleich sein, um das Ausfallrisiko im Ernstfall zu vermindern
  • Der Katastrophenschutz sei unzureichend, Alarmeinrichtungen seien noch nicht erstellt und Katastrophenschutzpläne, vor allem für Gebiete in über 20 Kilometer Entfernung, fehlten.

Die Hearings fanden im Januar und Februar 1980 in Bern statt. Der Bund hatte von den Atomgegnern einen Vorschuss von 15'000 Franken als Bedingung für die Durchführung der Tagung verlangt.

Gösgen, Atomkraftwerk Schweiz


Foto: KEYSTONE

Das Atomkraftwerk Gösgen liegt zwischen den Städten Olten und Aarau auf dem Gebiet der Gemeinde Däniken und hat am 1. November 1979 nach einer sechsjährigen Bauzeit seinen kommerziellen Betrieb aufgenommen. Vorausgegangen ist eine in mancherlei Hinsicht eindrückliche Baugeschichte, auf die wir weiter unter eingehen und die auch auf wikipedia.org nachzulesen ist. In Gösgen ist ein Druckwasserreaktor der ehemaligen Kraftwerk Union (heute Areva NP) mit ursprünglich 970 Megawatt Leistung in Betrieb. In zwei Schritten wurde die Leistung zuerst auf 990 Megawatt (1992) und 1996 auf die gegenwärtigen 1'020 Megawatt erhöht. Die Kühlung erfolgt über einen 150 Meter hohen Naturzug-Kühlturm. In Gösgen werden mit rund 8 Milliarden Kilowattstunden jährlich etwa 15% Prozent des Schweizerischen Strombedarfs produziert. Als Gestehungskosten für eine Kilowattstunde werden heute 4,07 Rappen angegeben. Ob diese Zahl auf einer wirklich umfassenden Kostenrechnung beruht, wird von verschiedener Seite bezweifelt.

Das Atomkraftwerk Gösgen ist ein so genanntes Partnerwerk, d.h. es wurde nicht von einem einzigen Unternehmen, sondern von einer Gesellschaft mit dem Namen „Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG (KKG)“ gebaut. Die hohen Kosten und das finanzielle Risiko (das Werk kostete schliesslich 2,1 Milliarden Franken) werden so auf verschiedene Gesellschaften aufgeteilt. Die Partner bezahlen nichts für den Strom, müssen aber die Betriebskosten unter sich aufteilen. Im Falle eines Super-GAU geht die Betriebsgesellschaft in Konkurs und der Schaden muss, abgesehen von den durch Haftpflicht gedeckten 1,8 Milliarden, von der Allgemeinheit getragen werden.

Name

In Betrieb seit


Leistung netto (MW)

Betrieb vorgesehen bis

Besitzer

Gösgen

1979

1’020

2038

Alpiq 40%, Axpo 25%, Stadt Zürich 15%, CKW 12,5%, Stadt Bern 7,5%

Die Baugeschichte

Als Ende der Fünfzigerjahre die Aare-Tessin AG (Atel) das nachmalige AKW-Gelände kaufte, wurde die Öffentlichkeit im Glauben gelassen, man benötige das Land für die Erweiterung einer Transformatorenanlage. Ende 1969 wurde bekannt, dass der Bau eines Atomkraftwerks vorgesehen sei. Als im Sommer 1970 das Gesuch für eine Standortbewilligung eingereicht wurde, wehrte sich einzig die nahe gelegene Gemeinde Schönenwerd dagegen.

In Gösgen war ursprünglich eine Flusskühlung vorgesehen. Deren Verbot 1971 nahm den Gegnern des Projektes vorerst ein gewichtiges Argument aus der Hand. Der Wechsel zur Kühlung mit einem Kühlturm benötigte Zonenplan-Änderungen. Gemeinden, die sich wehrten, wurden massiv unter Druck gesetzt (wie sich später anhand von Protokollen zeigte) und stimmten am Schluss allen Gesuchen zu.

Im November 1972 wurde das Baugesuch für ein Atomkraftwerk mit einem 920 Megawatt Druckwasserreaktor eingereicht, am 12. Januar 1973 erteilte die Gemeinde Däniken, nach Abweisung aller Einsprachen, die Baubewilligung. Die Einsprachen wurden weiter gezogen und noch bevor sie endgültig entschieden waren, begannen im Juni 1973 die Bauarbeiten.

Nun formierte sich ernsthafter Widerstand. An Pfingsten 1977 wanderten rund 10'000 Leute von Olten aus auf das AKW-Gelände in Gösgen zu einer Veranstaltung, auf der eine Geländebesetzung besprochen wurde. Am 25. Juni versuchten 3000 Leute die Zufahrtswege zum AKW-Gelände zu blockieren. Von rund tausend Polizisten wurden sie mit Tränengas daran gehindert. Zwei Wochen später wurde der Versuch, die Zufahrtswege zu blockieren, von über sechstausend Leuten wiederholt. Tausend Polizisten vertrieben die Demonstrierenden mit Tränengas und diesmal auch mit Gummigeschossen und Wasserwerfern. Die Leute flohen zum Teil über die Geleise des nahe gelegenen Bahnhofs, wo kurz danach ein Schnellzug durch die Tränengaswolken fuhr.

Ende September 1978 erteilte der Bund dem inzwischen fertig gebauten Atomkraftwerk Gösgen die Inbetriebnahmebewilligung.

Im Januar und Februar 1980 fand in Bern das so genannte Gösgen-Hearing 
mit Gegnern und Befürwortern der Atomenergie statt, veranstaltet vom Bund.

Die Zukunft

Es ist geplant, neben dem bestehenden Atomkraftwerk einen weiteren Reaktorblock unter dem Namen Kernkraftwerk Niederamt zu errichten. Die Kosten werden auf 7 Milliarden Franken geschätzt, als Kühlung ist ein 60 Meter hoher Hybrid-Kühlturm vorgesehen. Das Gesuch für eine Rahmenbewilligung ist eingereicht worden und wurde bis heute (August 2016) nicht zurückgezogen, obgleich Bundesrat und Parlament 2011 beschlossen hatten, auf den Bau weiterer Atomkraftwerke zu verzichten.

(Weiter Details zu Gösgen im Handbuch „Strahlende Schweiz“ von Susan Boos, dem auch die Fakten zu obiger Darstellung weitgehend entnommen sind)

Weiter: 

Atomkraftwerke Schweiz

www.kkg.ch

de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Gösgen

Grenzwerte

Siehe Öffnet internen Link im aktuellen FensterStrahlengrenzwerte

Grösster anzunehmender Unfall

Siehe Öffnet internen Link im aktuellen FensterGAU und Super-GAU

Gundremmingen, Atomkraftwerk Deutschland

In Gundremmingen, am Oberlauf der Donau in Bayern, steht das grösste Öffnet internen Link im aktuellen FensterAtomkraftwerk Deutschlands mit zwei Blöcken von je 1344 Megawatt Leistung.

Begonnen hat die Geschichte von Gundremmingen mit einem Block A von 237 Megawatt, der von 1966 bis zum Unfall von 1977 in Betrieb war. Am 13. Januar 1977 kam es infolge eines Kurzschlusses zu einer Öffnet internen Link im aktuellen FensterSchnellabschaltung des Öffnet internen Link im aktuellen FensterReaktors. Wegen einer Fehlsteuerung flutete schliesslich radioaktives Wasser von 80°Celsius 3 Meter hoch das Reaktorgebäude. 200 bis 400 Kubikmeter Wasser wurde später ins Freie geleitet. Weil die Aufsichtsbehörden strenge Auflagen für den Weiterbetrieb machten, wurde angesichts von 180 Millionen DM Reparaturkosten auf eine Wiederinbetriebnahme verzichtet.

Im Jahre 1984 wurden die Blöcke B und C mit je 1'344 MW Leistung in Betrieb genommen. Jeder Block besteht aus einem Reaktorgebäude, einem Maschinenhaus und einem Kühlturm, der pro Sekunde 700 Liter Wasser verdunstet.

In Gundremmingen ist seit 2006 auch ein Zwischenlager für Atommüll in Betrieb, ein Gebäude mit 85 Zentimeter dicken Wänden und einer 55 Zentimeter dicken Decke. Der Zugang erfolgt über zwei je fünfzig Tonnen schwere Tore. Das Lager soll Platz bieten für 192 Castorbehälter.

Weiter:
Öffnet externen Link in neuem Fensterde.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Gundremmingen